Berlin (agrar-PR) - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
(BUND) hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer aufgefordert, die
laufenden Maßnahmen zur Vertiefung der Fahrrinne an der Mittelelbe, den
Bau des Saale-Elbe-Kanals und Planungen für eine Donau-Staustufe
zwischen Straubing und Vilshofen zu stoppen. Eine Fortsetzung dieser
Projekte widerspreche dem schwarz-gelben Koalitionsvertrag, in dem sich
die Regierungsparteien auf den Schutz von Flussauen und Flusstälern
verständigt hätten. Das Vorhaben der Koalition, der
Wasserstraßenverwaltung neue Aufgaben beim Auenschutz und bei der
ökologischen Hochwasservorsorge zu übertragen, wurde vom
BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger begrüßt. Aufgrund fehlender
Wirtschaftlichkeit der Elb-Schifffahrt müssten vor allem in diesem
Bereich die Verwaltungskapazitäten umgeschichtet werden.
Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
(IÖW) kommt in einer Untersuchung der Wirtschaftlichkeit von
Baumaßnahmen an Elbe und Saale zu dem Schluss, dass sich die
Elbschifffahrt aufgrund des Klimawandels immer weniger rechne. Das
Fazit der vom BUND unter dem Titel "Binnenschifffahrt auf Elbe und
Saale - Strombaumaßnahmen in der Diskussion" herausgegebenen
Wirtschaftlichkeitsanalyse ist eindeutig: Die zunehmende Klimaerwärmung
stellt den Schiffsverkehr auf der Elbe generell in Frage und macht
damit sowohl Maßnahmen zur Elbvertiefung als auch den Bau eines
Saale-Elbe-Kanals obsolet. "Die Elbe ist eine hoch subventionierte
Bundeswasserstraße ohne nennenswerten Verkehr", sagte Ulrich Petschow,
Forschungsleiter Umweltökonomie am IÖW.
"Niemand kann für Binnenschiffe auf der Elbe
dauerhaft stabile Fahrrinnentiefen an ausreichend vielen Tagen im Jahr
garantieren. Das bedeutet auch, dass bisherige Annahmen über ein sehr
positives Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Ausbaumaßnahmen vom Anfang
der 90er Jahre nicht mehr haltbar sind. Die Schiffe werden dort nicht
fahren, weil die Elbe an den meisten Tagen im Jahr zuwenig Wasser
führt", sagte Petschow. Durch den Klimawandel verursachte Trockenzeiten
würden regelmäßig zu kritischen Pegelständen auch weit unterhalb der
notwendigen 1,60-Meter-Marke führen. Das Vorhaben, mit den
Ausbaumaßnahmen an der Elbe nahezu ganzjährig eine Fahrrinnentiefe von
1,60 Meter zu garantieren, müsse deshalb aufgegeben werden, so
Petschow.
Das Güterverkehrsaufkommen in der mittleren
Elbregion sei vergleichsweise gering und ein Transport per Bahn hier
wesentlich umweltfreundlicher. Wegen der eingeschränkten
Wasserverfügbarkeit und der dadurch begrenzten Abladetiefe sei die
Wirtschaftlichkeit von Transporten per Binnenschiff in dieser Region
generell in Frage gestellt. Da die Binnenschifffahrt nur noch sechs
Prozent des Güterverkehrs in Deutschland abwickle, und dies vorrangig
auf dem Rhein stattfinde, sei im Falle der Elbe auch mit sehr hohen
Investitionssummen kein wesentlicher Güter-Verlagerungseffekt weg von
der Straße zu erreichen. Die Binnenschifffahrt habe nur dort Vorteile,
wo Industrie- und Agglomerationszentren mit Gütern versorgt würden und
dementsprechend große Gütermengen transportiert werden müssten, sagte
Petschow. Wegen erhöhter Schadstoffemissionen sei auch eine Verlagerung
der Güter von der Bahn auf das Binnenschiff kontraproduktiv. Das
Argument der "umweltfreundlichen Binnenschiffe" werde im Elberaum noch
fragwürdiger, wenn man die Schäden an Natur und Landschaft, an
wertvollen Feuchtgebieten und Auen berücksichtige.
"Von einem Ausbau von Elbe und Donau gehen extreme
Gefährdungen für empfindliche Flussbiotope und viele bedrohte Tiere und
Pflanzen aus", sagte der BUND-Vorsitzende Weiger. Der für die
Baumaßnahmen zuständigen Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sollten
deshalb neue Aufgaben im Umwelt- und Hochwasserschutz übertragen
werden. Weiger forderte Ramsauer zu einer grundlegenden
Umstrukturierung der Verwaltung auf: "Wenn es pro Elb-Schiffer mehr als
zehn Schifffahrtszuständige gibt, steht die neue Koalition vor der
Aufgabe, in diesem Bereich eine tatsächlich überflüssige Bürokratie
abzubauen."
Mehr Informationen
Broschüre "Binnenschifffahrt auf Elbe und Saale - Strombaumaßnahmen in der Diskussion"
Studie "Stand und Potenziale der Elbe-Binnenschifffahrt und deren wirtschaftliche Wirkungen auf die Elbe-Region" (PDF, 5 MB)
zum Thema Wasser, Flüsse und Gewässerpolitik