Berlin (agrar-PR) - 2007 hatte die Bundesregierung mit der Nationalen
Strategie zur Biologischen Vielfalt ein Paket mit 330 Zielen und rund
430 Maßnahmen für den Erhalt der Artenvielfalt verabschiedet. Große
Verantwortung für deren Umsetzung haben die Bundesländer. Eine Analyse
der Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
und Naturschutzbund NABU zeigt: In keinem einzigen Bundesland stehen
die Zeichen für einen erfolgreichen Arten- und Biotopschutz auf Grün.
In den meisten Bundesländern gebe es keine
umfassende und ressortübergreifende Umsetzung der Nationalen Strategie
zum Schutz der biologischen Vielfalt, bemängelten die Verbände.
Lediglich in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und im Saarland
existierten bislang Landesstrategien zum Erhalt der Biodiversität.
Baden-Württemberg habe einen "Aktionsplan" erstellt und
Schleswig-Holstein im Landtag einen Bericht über den Beitrag des Landes
zur Umsetzung der Nationalen Strategie vorgelegt. Inhalte und
Zeitvorgaben des Bundes würden in den Konzepten der Länder jedoch nur
selten aufgegriffen und konkretisiert.
Dabei sei ein umfassender Schutz der biologischen
Vielfalt dringend geboten, so die Naturschutzverbände. Jede achte
Vogelart, jedes vierte Säugetier und jede vierte Nadelbaumart weltweit
sind vom Aussterben bedroht. Allein in Deutschland gelten 72,5 Prozent
der Lebensräume von Pflanzen und Tieren als gefährdet. Jede zweite
heimische Vogelart, ein Drittel der Pilzarten und 30 Prozent der Farn-
und Blütenpflanzen sind bedroht. Verschärft wird diese prekäre Lage
durch den fortschreitenden Klimawandel. Der weitere Verlust der
Artenvielfalt erhöht auch die Folgekosten für Wirtschaft und
Gesellschaft.
Je nach Umsetzungsstand der Maßnahmen zur Erhaltung
der biologischen Vielfalt in den einzelnen Ländern vergaben die
Verbände entsprechend einem Ampel-Modell verschiedene Farben.
Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Sachsen wurden mit
"Gelb" bewertet. Die im Schlussfeld liegenden Länder Baden-Württemberg,
Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz,
Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Thüringen erhielten nur ein
"Rot". Kein Bundesland erreichte auch nur die Hälfte der nach den
Kriterien der Umweltverbände maximal möglichen Bewertungspunkte.
Bewertet wurde unter anderem der Anteil der in
jedem Bundesland ausgewiesenen Wildnis- und Naturschutzgebietsflächen,
die Fläche zukünftiger Urwälder und die Gebiete, die durch die
Europäische Flora-Fauna-Habitat-(FFH)-Richtlinie geschützt sind. In die
Bewertung einbezogen wurde auch die Anzahl der fertig gestellten
Managementpläne für die Schutzgebiete. Außerdem wurden der Anteil der
Flächen mit ökologischem Landbau und der Einsatz von Geldern für
Agrarumweltmaßnahmen aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die
Entwicklung des ländlichen Raumes bewertet.
NABU-Präsident Olaf Tschimpke bezeichnete das
Ergebnis als ernüchternd: "Die Untersuchung zeigt, dass die
Bundesländer in Sachen Artenschutz noch viel Nachholbedarf haben. Für
den Schutz der biologischen Vielfalt zählen vor allem Taten. Allein
durch die Ausweisung von Schutzgebieten sind noch keine Art und kein
Lebensraum gerettet. Es fehlen nach wie vor umfassende Konzepte."
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger forderte die
Bundesregierung auf, dem Naturschutz in ihrem eigenen
Verantwortungsbereich mehr Gewicht beizumessen. So dürfte der Bau von
Autobahnen oder Schifffahrtskanälen nicht auf Kosten der Natur gehen.
Die vom Kabinett beschlossene Biodiversitätsstrategie müsse bei allen
Vorhaben des Bundes vorbildhaft umgesetzt werden. "Bundeskanzlerin
Angela Merkel hat vor kurzem mit einer schönen Rede das Internationale
Jahr der Biodiversität 2010 eröffnet. Nun geht es darum, in der Praxis
das Artensterben auch tatsächlich zu stoppen. Die Analyse der
Aktivitäten der Bundesländer zeigt, dass, Naturschutz oft nur das
fünfte Rad am Wagen ist. Es gibt große Defizite vor allem beim
Biotopschutz und bei der Vernetzung von Lebensräumen für gefährdete
Tiere und Pflanzen", sagte Weiger.
Für die Naturschutzarbeit der Länder fehlten
außerdem ausreichende Mittel. Deshalb forderten die Verbände die
schnelle Umsetzung des im Koalitionsvertrag zugesagten "Bundesprogramms
Biologische Vielfalt". Dafür müssten in den kommenden vier Jahren
jährlich zusätzliche 300 Millionen Euro aufgebracht werden. Ein
bedeutsamer Teil dieser Gelder sollte aus dem Emissionshandel stammen.
Die Länder müssten zudem ihre Naturschutzverwaltungen stärken und
Landnutzer wie Agrar- und Forstbetriebe beim Naturschutz besser
unterstützen. Unverzichtbar dafür seien verbindliche Managementpläne
für das europäische Schutzgebietsnetz Natura 2000 und die Schaffung
eines zusammenhängenden Biotopverbundes. Außerdem müssten weitere
25.000 Hektar ökologisch wertvolle Flächen aus dem Bundesbesitz als
Nationales Naturerbe dauerhaft für den Naturschutz in den Ländern
gesichert werden.
Mehr Informationen
Hintergrundpapier zum Biodiversitätsschutz in Deutschland (PDF)
Biologische Vielfalt beim BUND
Auf dem Laufenden bleiben über BUND-Aktionen für den Erhalt der Biodiversität