20.11.2013 | 20:55:00 | ID: 16470 | Ressort: Umwelt | Umweltschutz

Umweltministerin Lucia Puttrich: „Rote Listen leisten wichtigen Beitrag für Naturschutz in Hessen“

Wiesbaden (agrar-PR) - Rote Liste „Faltenwespen“ und Rote Liste „Moose“ neu erschienen

Mit der „Roten Liste der Faltenwespen“ sowie der „Roten Liste Moose“ wurden zwei weitere Verzeichnisse veröffentlicht, die über gefährdete Pflanzen- und Tierarten in Hessen informieren. Somit sind für den Bereich des Bundeslandes Hessen inzwischen 25 Rote Listen verfügbar. Die Aufstellung der Roten Listen der Faltenwespen und Moose Hessens basiert auf der Kenntnis von Spezialisten und der Auswertung von Literaturdaten. „Ohne diese Meldungen könnte niemals der aktuelle Stand der Erkenntnisse zu Hessens Fauna und Flora wiedergegeben werden. Mein Dank gilt deshalb den Spezialisten, die die Daten teilweise über Jahre hinweg gesammelt und nun zur Verfügung gestellt haben“, sagte Umweltministerin Lucia Puttrich.

 

Rote Listen sind Verzeichnisse ausgestorbener, verschollener und auch in unterschiedlicher Weise gefährdeter Tier- und Pflanzenarten beziehungsweise Biotoptypen oder auch Artgesellschaften. Sie geben damit Auskunft über Gefährdungskategorien der jeweilig betrachteten Arten oder deren Gesellschaften. „In Hessen gibt es seit nunmehr über 30 Jahren Rote Listen zu gefährdeten Tier- und Pflanzenarten. Sie sind seitdem zu wichtigen Instrumenten des Naturschutzes geworden und dienen damit auch der Erhaltung der biologischen Vielfalt“, berichtete Lucia Puttrich.


Basis zur Erstellung neuer Roter Listen ist die Bewertung der Gefährdung anhand eines Kriteriensystems bestehend aus der heutigen Verbreitung und Bestandsgrößen, der Abschätzung der kurz- und langfristigen Bestandsentwicklung sowie der Zuordnung von Risikofaktoren. Die Roten Listen besitzen keine Gesetzeskraft, sondern haben eher den Charakter eines wissenschaftlichen Gutachtens, das in der Regel von ehrenamtlichen Experten in Zusammenarbeit mit dem behördlichen Naturschutz erstellt wird. Sie bieten damit Argumentations- und Entscheidungshilfen bei umwelt- und raumrelevanten Planungen, sind Anregung für Gebietsschutz- und Artenschutzmaßnahmen; darüber hinaus dienen sie der Information der Öffentlichkeit, zeigen auch Forschungsbedarf auf und dienen ebenfalls der Erfolgskontrolle von Maßnahmen des Naturschutzes.


Die herausgegebenen Roten Listen können beim Regierungspräsidium Gießen bestellt werden. Als Ansprechpartner steht Herr Sven Venter (Tel. 0641/303-5567, Email: Sven.Venter@rpgi.hessen.de) zur Verfügung. Alle Roten Listen sind außerdem im Internet auf der Homepage des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (www.hmuelv.hessen.de) als kostenloser Download verfügbar.

 

 

Hintergrund:


Faltenwespen (Vespidae) sind eine Gruppe innerhalb der Stechimmen und zudem die „Wespen“ per se, jedenfalls in der Vorstellung der meisten Menschen, die sich nicht intensiver mit Hautflüglern beschäftigt haben. Es sind vor allem zwei Arten der Sozialen Faltenwespen, die dieses negative Image von „Wespen“ verbreiten: die Deutsche und die Gewöhnliche Wespe, Vespula germanica und Vespula vulgaris. Der Grund für die aus Sicht des Menschen temporäre Lästigkeit und leichte Reizbarkeit liegt darin, dass die Arbeiterinnen einiger sozialer Arten ab dem Herbst nicht mehr mit der Versorgung der Larven beschäftigt sind und sich insbesondere dann als synanthrope Arten oft in Siedlungsnähe aufhalten, wo sie leicht Nektar zur Eigenversorgung finden. Neben diesen Sozialen Faltenwespenarten gibt es aber noch eine Reihe weiterer Faltenwespenarten, unter anderem auch die Hornisse und eine Vielzahl an nicht-Staaten bildenden Arten.

So häufig wie uns die lästigen Faltenwespen jeden Herbst erscheinen, ist es schwer vorstellbar, dass „Wespen“ auch in Hessen bedroht sein könnten. Jedoch hat es eine der sozialen Faltenwespenarten bereits vor Jahren geschafft, über die Liste der besonders gefährdeten Arten in der Bundesartenschutzverordnung auch in Hessen Schutzstatus erlangen: die Hornisse (Vespa crabro). Über die Gefährdung der übrigen Faltenwespen, vor allem aber über die zahlreichen solitären Arten, ist dagegen in Hessen nur sehr wenig bekannt. Weder die genaue Anzahl der Faltenwespen noch ihre Verbreitung und Häufigkeit sind in Hessen bisher beschrieben. Aus diesem Grund hat die „Arbeitsgemeinschaft Hessischer Hymenopterologen“ beschlossen, die bisherigen Kenntnisse über die Faltenwespen des Bundeslandes zusammenzutragen.

 

Die systematische Überprüfung von Belegen und dem damit verbundenen Aufbau einer Datenbank dokumentiert für 69 Arten an Faltenwespen ein Vorkommen in Hessen. Als Ergebnis finden sich 29 % der Arten auf der erstmals in Hessen für diese Tiergruppe erstellten Roten Liste. 23 % der Faltenwespen sind bestandsgefährdet oder ausgestorben.

 

Moose standen bedingt durch ihre geringe Größe und Unauffälligkeit bisher nie im Mittelpunkt des Naturschutzes. Durch die Aufnahme einiger Moosarten in die Anhänge der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) ist das Interesse an dieser Artengruppe in den letzten Jahren deutlich gestiegen. So müssen nicht nur die Moose des Anhangs II geschützt und überwacht werden, auch Biotope wie Felsen, Blockhalden, Moore oder Bäche müssen bewertet und überwacht werden, was bei diesen Biotoptypen ohne die Berücksichtigung von Moosen kaum sinnvoll durchzuführen ist. Obwohl sich Moose in vielen Fällen als wertvolle Indikatoren für den Zustand von Biotoptypen eignen, blieben Moose bei der Bewertung von Flora-Fauna Habitat-Biotoptypen bisher teilweise unbeachtet, da für Hessen keine Rote Liste der Moose vorlag. Diese Lücke soll durch die hier vorgestellte Rote Liste geschlossen werden.

Aktuell sind in der Roten Liste 812 Arten erfasst, davon 621 Laubmoose, 187 Leber- und 4 Hornmoose. Auch in den letzten Jahren wurden in Hessen neue Arten gefunden. Jedoch handelt es sich hier in vielen Fällen um Arten, die im Rahmen systematischer Bearbeitungen von Gruppen durch Aufspaltung von weiter gefassten Arten entstanden sind, oder um Arten, die bisher nicht als eigenständige Arten anerkannt wurden.

Insgesamt wurden 271 (ca. 33,4%) Arten den Gefährdungsgraden ‚*’ (ungefährdet) und ‚V’ (Vorwarnliste) zugeordnet und gelten daher aktuell als nicht gefährdet. Bei 96 Arten (ca. 11,8 %) können aufgrund unzureichender Daten keine exakten Aussagen gemacht werden (Gefährdungsgrade ‚D‘ und ‚G‘) und 445 Arten (ca. 54,8 %) gelten als unterschiedlich stark gefährdet.
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