18.01.2024 | 09:11:00 | ID: 38647 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Schmitt lehnt praxisferne Verbotskultur weiterhin ab: „Weinkulturlandschaften und Biodiversität gefährdet“

Mainz (agrar-PR) - Auf der Veranstaltung „Kulturgut und Welterbe Weinbau erhalten – Reben mit Sinn und Verstand schützen!“ hat die rheinland-pfälzische Weinbauministerin Daniela Schmitt vor rund 120 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der Landesvertretung in Berlin ihre ablehnende Haltung zum Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) bekräftigt. Das umstrittene Papier liegt derzeit nach der Abstimmung im Europäischen Parlament auf Eis, ist aber noch nicht vom Tisch.
„Wir wollen eine Reduktion von Pflanzenschutzmitteln nicht über Verbote erzwingen, sondern über Innovation, Kooperation und Effizienz erwirken. Gerade im größten Weinbau treibenden Bundesland Rheinland-Pfalz prägt der Weinbau die Kulturlandschaften, insbesondere in den Steillagen schaffen Winzer einzigartige Biotope“, betonte die Ministerin. Deshalb werde sie sich weiterhin im Schulterschluss mit der Branche und anderen Weinbauländern für eine praxisgerechte Weiterentwicklung des Integrierten Pflanzenschutzes einsetzen.

Im Zuge des Klimawandels sei mit neuen, invasiven Schadorganismen zu rechnen, deshalb seien fixe, rein politisch begründete Reduktionsziele reiner Symbolismus und der Praxis fremd, sagte Schmitt.

Gerade die von einem Totalverbot bedrohten so genannten „sensiblen Gebiete“ seien einzigartige Kulturlandschaften mit besonderer Flora und Fauna. „Hier ist es dem Wein- und Obstbau zu verdanken, dass es die Habitate überhaupt gibt. Ohne Bewirtschaftung drohe Verbuschung oder eine teure Offenhaltung durch Maßnahmen der Landschaftspflege“, führte die Ministerin aus. Es liege im „ureigenen Interesse“ eines jeden Landwirts und Winzers, so wenig Pflanzenschutzmittel wie möglich und nur so viel wie unbedingt nötig auszubringen, denn jede Behandlung koste Zeit und Geld.

Eine weitere aktuelle Herausforderung sieht Schmitt in der Debatte über die Ursachen für den Rückgang von Apollofalterpopulationen an der Terrassenmosel. Naturschützer und Naturschutzbehörden auf Bundesebene sehen den Rebschutz aus der Luft mit Hubschraubern und Drohnen als maßgebliche Ursache und erwägen drastische Einschränkungen. Andere Stimmen sehen die Folgen des Klimawandels als Grund, insbesondere Hitze und Dürre. Der Ministerin zufolge ist die Offenhaltung der Weinbaulagen überhaupt erst die Voraussetzung für den Falter, der in verbuschten Landschaften mit hoher Wahrscheinlichkeit nämlich überhaupt nicht vorkommen würde.

„Verschärfte Auflagen werden den Weinbau aus den Steillagen vertreiben und somit die Habitate des Apollofalters gefährden“, so die Befürchtung der Ministerin. „Wir setzen auch hier auf Vernunft und hoffen, dass wir auch kritische Geister davon überzeugen können, dass Pflanzenschutz und Artenschutz keine feindlichen Brüder sein müssen, sondern sich häufig sogar ergänzen oder gar bedingen!“, betonte Schmitt.

Experten der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) in Rheinland-Pfalz erläuterten das Prinzip des Integrierter Pflanzenschutzes (IPS) und die Bedeutung des Weinbaus für die Biodiversität in den Steillagen.

Dr. Sabine Fabich, Leiterin des Pflanzenschutzdienstes Rheinland-Pfalz und zuständige Referentin im Weinbauministerium, beschrieb den IPS als prognosegestützten Einsatz von mechanischen, biologischen oder im Notfall auch chemisch-synthetischen Maßnahmen zur Bekämpfung von Schadorganismen ab einem gewissem Befallsgrad. Zum IPS gehören zudem eine geeignete Sorten- und Standortwahl sowie der Einsatz modernster Ausbringtechnik. Im Weinbau leistet zum Beispiel der Anbau von pilzwiderstandsfähigen Reben (PIWI) einen Beitrag zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln.

Dr. Matthias Porten, Leiter der Abteilung Weinbau und Oenologie sowie Leiter der Berufsbildenden Schule am DLR Mosel, schilderte die Interdependenzen von Weinkulturlandschaften und Biodiversität in den Steillagen sowie die Möglichkeiten der Reduktion durch Digitalisierung und den Einsatz von Drohnen.

Hintergrund:
Der im Europaparlament gescheiterte Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) hatte eine Reduktion des Einsatzes bestimmter Pflanzenschutzmittel von bis zu 50 Prozent bis 2030 sowie ein Totalverbot in so genannten „sensiblen Gebieten“ zum Ziel. Vom Totalverbot wären alleine in Rheinland-Pfalz rund 30 Prozent des Weinbaus betroffen und zwar im konventionellen wie im ökologischen Anbau.

Die Kommission hat den Vorschlag nach der Abstimmung im Parlament nicht zurückgezogen, auch in der zuständigen Arbeitsgruppe des Rates werden die Diskussionen fortgesetzt. Beobachter gehen zwar davon aus, dass vor der Europawahl im Juni diesbezüglich keine neuen Beschlüsse erarbeitet werden. Sollten sich die Mitgliedstaaten jedoch auf eine neue gemeinsame Fassung einigen, ginge diese erneut ins Parlament.

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