16.11.2022 | 11:50:00 | ID: 34617 | Ressort: Landwirtschaft | Wissenschaft & Forschung

Gehirngröße bei Vögeln messen: Welche Parameter eignen sich am besten?

Wien (agrar-PR) - Bedeuten größere Köpfe auch größere Gehirne? Die Untersuchung der Gehirngröße (als Indikator für kognitive Fähigkeiten) gestaltet sich bei Wildtieren generell als schwierig, und Wissenschaftler:innen haben versucht, Wege zu finden, um die Gehirngröße zu messen, ohne den Tieren dabei zu schaden.
In der Vergangenheit wurde die Kopfgröße als Indikator verwendet, um auf die Gehirngröße zu schließen. Dies scheint für einige Arten zu funktionieren – aber nicht für alle. Anhand einer Studie an Wachteln von Forschenden des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) der Vetmeduni und der Poznań Universität für Lebenswissenschaften, Polen, fand man heraus, dass die Kopfhöhe und nicht das Gesamtkopfvolumen ein besserer Indikator für die Gehirngröße sein könnte. Dabei muss jede Vogelart allerdings gesondert bewertet werden.

Die Fähigkeit des Gehirns, kognitive Prozesse zu verarbeiten, hängt zumindest teilweise von der Masse des beteiligten Nervengewebes ab – je mehr Gewebe, desto mehr Informationen können verarbeitet werden. Tatsächlich finden Studien oft eine positive Beziehung zwischen Gehirngröße und kognitiver Leistung. Die meisten dieser Studien basieren jedoch auf Vergleichen zwischen verschiedenen Arten. Eine wachsende Zahl von Wissenschaftler:innen versucht nun zu verstehen, wie subtilere Unterschiede zwischen Individuen derselben Art mit ihren kognitiven Fähigkeiten zusammenhängen, was oft eine große Herausforderung bei der Untersuchung von Tieren in der Natur darstellt. Dazu benötigen die Forschenden Techniken, die den natürlichen Lebenszyklus von Wildvögeln nicht unterbrechen.

Eine erste Studie über Rauchschwalben schlug vor, externe Kopfmessungen als genaue Annäherung an die Gehirnmasse zu verwenden, da solche Messungen zwar die Handhabung der Vögel erfordern, aber nicht das Opfer individueller Tiere.

Ein Forschungsteam des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) der Vetmeduni hat diese Methode zusammen mit Forscher:innen der Universität Poznań, Polen, erstmals bei der gemeinen Wachtel, angewendet. Sie maßen sowohl die äußeren Kopfmaße der Vögel als auch das Gewicht ihres Gehirns und prüften, inwiefern diese beiden Messungen miteinander in Beziehung stehen.

Kopfhöhe ist ausschlaggebend
Obwohl die Wissenschaftler:innen feststellten, dass diese Messungen korrelierten, waren die Korrelationswerte nicht sehr stark. Das bedeutet, dass externe Kopfmessungen nicht wirklich zuverlässig verwendet werden können, um die Gehirnmasse eines Individuums vorherzusagen. Stattdessen war der beste Prädiktor für die Gehirnmasse nicht das Kopfvolumen an sich, wie zuvor bei Rauchschwalben gezeigt wurde, sondern allein die Höhe des Kopfes.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Modell, das den höchsten Varianzanteil der Hirnmasse erklärt, nur eine Kopfmessung enthielt, die Kopfhöhe“, sagt Valeria Marasco (KLIVV), eine der beiden Erstautorinnen der Studie. „Trotzdem erklärte dieses Maß bei unserer Studienart, der Gemeinen Wachtel, nur einen kleinen Teil der Varianz der Gehirnmasse verschiedener Vögel. Studien an anderen Arten haben einen viel signifikanteren Effekt der einen oder anderen Variablen festgestellt.“

Es ist daher wahrscheinlich, dass auch andere Faktoren die Variation erklären. „Beispielsweise könnte die durchschnittliche Schnabellänge bei verschiedenen Arten die Kopfmaße beeinflussen“, sagt Joanna Białas (Universität Poznań), Mitautorin der Studie. Interessanterweise stand die Gehirngröße überhaupt nicht im Zusammenhang mit der Körpermasse oder der Länge des Vogels insgesamt. Die Gehirngröße hat sich aus anderen Aspekten der Morphologie eines Tieres entwickelt.

Die Forscher:innen empfehlen, die ursprüngliche Methode der externen Kopfmessungen bei jeder Vogelart zu validieren, bevor Annahmen darüber getroffen werden, wie diese Messungen mit der Gehirngröße und der kognitiven Leistung zusammenhängen könnten. Weitere Studien über verschiedene Vogelarten sind ebenfalls erforderlich, um mögliche Beziehungen zwischen der relativen Gehirngröße, Körperparametern und dem Geschlecht aufzuklären.

Service:
Der Artikel “Are external head measurements a reliable predictor of brain size in the Common Quail (Coturnix coturnix)?” von Joanna T. Białas, Valeria Marasco, Leonida Fusani, Gianni Pola und Marcin Tobółka wurde in der Zeitschrift Canadian Journal of Zoology veröffentlicht.
https://cdnsciencepub.com/doi/10.1139/cjz-2022-0091

Rückfragehinweis:
Valeria Marasco, PhD.
Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV)
Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni)
Valeria.Marasco@vetmeduni.ac.at

Über die Veterinärmedizinische Universität Wien:
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni beschäftigt 1.500 Mitarbeiter:innen und bildet zurzeit 2.500 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Lehr- und Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich und eine Außenstelle in Tirol gehören ebenfalls zur Vetmeduni. Die Vetmeduni spielt in der globalen Top-Liga mit: Im weltweiten Shanghai-Hochschulranking 2022 belegte sie abermals einen Platz unter den ersten Zehn im Fach „Veterinary Science". www.vetmeduni.ac.at
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