19.11.2015 | 18:55:00 | ID: 21436 | Ressort: Umwelt | Umweltschutz

Der Nationalpark Schwarzwald präsentiert sich in Berlin

Stuttgart (agrar-PR) - „Eine Spur wilder: Mit diesem Motto greifen wir im Nationalpark Schwarzwald die Sehnsucht der Menschen nach unberührter Natur auf.“
Das sagte der baden-württembergische Naturschutzminister Alexander Bonde am Donnerstag (19. November) anlässlich der Präsentation des jüngsten Großschutzgebiets in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin.

„Immer mehr Flächen werden versiegelt, Lebensräume verschwinden, Arten sterben. Nur mit entschlossenem Handeln haben wir die Chance, diese Entwicklung aufzuhalten“, sagte Bonde. In der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt hat die Bundesregierung unter anderem das Ziel ausgegeben, fünf Prozent der deutschen Wälder bis 2020 ganz den natürlichen Prozessen zu überlassen.

„Das klingt nach gar nicht so viel – und doch ist auch Baden-Württemberg mit 2,3 Prozent noch ein ganzes Stück davon entfernt. Der Nationalpark Schwarzwald leistet einen wichtigen Beitrag, um diesem Ziel näher zu kommen“, erläuterte der Naturschutzminister.

Seit dem 1. Januar 2014 darf sich der Wald auf gut 10.000 Hektar zwischen Baden-Baden und Freudenstadt wieder zunehmend naturgemäß entwickeln. Eine Besonderheit dieses Nationalparks im Schwarzwald ist, dass er mitten in einer dicht besiedelten Region und einer ausgeprägten Kulturlandschaft liegt. „Als sogenannter Entwicklungsnationalpark bekommt er daher ein bisschen Zeit, um sich gut in seine Umgebung einzufinden. Spätestens in 30 Jahren werden 75 Prozent des Nationalparks dann ganz der Natur überlassen, der Mensch greift nicht mehr ein“, erklärte Bonde.

Dass die Menschen solche Oasen der Ursprünglichkeit im hektischen Alltag wollen –das zeigen aktuelle Studien eindeutig. Zwei Drittel der Deutschen mögen laut der Naturbewusstseinsstudie des Bundesumweltministeriums 2013 Natur umso lieber, je wilder sie ist. „Die Menschen haben Sehnsucht nach Wildnis, die ihre eigenen Regeln hat, wo sie den Nutzen des Nichtstuns erfahren dürfen“, sagte Thomas Waldenspuhl, einer der beiden Nationalparkleiter. „Im Nationalpark Schwarzwald lässt sich mit allen Sinnen begreifen, welch‘ wilde Schönheit die Natur für uns bereithält“, so Bonde.

Region gestaltet den Nationalpark aktiv mit

„Den Schutz der Natur sollten wir nie aus dem Blick verlieren. Sie kann nicht für sich selbst eintreten, nicht protestieren – Arten verschwinden lautlos. Und hier geht es um nichts weniger als um unsere Zukunft.“

Der Minister betonte, Naturschutz habe nur dann eine Chance, wenn sich viele Menschen tatkräftig für dieses Ziel einsetzten. „Deshalb war es uns von Anfang an sehr wichtig, vor allem die Menschen in der Region für diesen Nationalpark zu gewinnen, sie in diesem Prozess wirklich mitzunehmen.“ Schon vor der Gründung gab es deshalb einen beispiellosen Beteiligungsprozess, im Nationalparkrat können alle umliegenden Gemeinden den ersten Nationalpark Baden-Württembergs aktiv mitgestalten – Region und Land sind paritätisch in dem Lenkungsgremium vertreten.

„Die erste Studie zur Akzeptanz des Nationalparks zeigt, dass wir hier auf einem guten Weg sind. Nur sieben Prozent der Menschen in Baden-Württemberg bewerten das Großschutzgebiet negativ, fast jeder Zehnte war schon vor Ort, 60 Prozent planen einen Besuch“, berichtete Bonde.

Am wichtigsten sei es, die Jugend für Wildnis und Naturschutz zu gewinnen. Derzeit würden im Nationalpark Schwarzwald rund 80 Junior-Rangerinnen und Junior-Ranger, ausgebildet. „Ich hatte selbst schon das Vergnügen, die Kinder bei einer ihrer Touren durch den Wald zu begleiten – ihre Freude an den kleinen Wundern am Wegesrand, ihr Wissensdurst, ihre Begeisterung sind berührend und ansteckend zugleich“, erzählte der Minister.

„Und dann haben wir das besondere Glück, dass ein junges, kreatives und naturbegeistertes Team von Fotografen und Filmemachern erst Erfahrungen in der weiten Welt gesammelt hat – um schließlich ihre Liebe für ihre Heimat, für die Natur vor ihrer Haustür zu entdecken. Und wer könnte das besser als sie an andere junge Menschen weitergeben?“

„Abenteuer Schwarzwald“: Junge Filmemacher als Natur-Botschafter

Im Projekt „Abenteuer Schwarzwald“ sind Kurzfilme zu jeder Jahreszeit im Nationalpark entstanden, die die Zuschauerinnen und Zuschauer zu ungewohnten Ein- und Ausblicken führen. Die Kamera lässt sie mit Vögeln hoch über den Tälern schweben und mit Käfern tief ins Unterholz eintauchen.

Viele Wochen haben die Filmer und Fotografen im Nationalpark Schwarzwald verbracht, um solche Bilder einzufangen, stundenlang auf den Schulterblick des Sperlingskauzes oder den unbewölkten Sternenhimmel gewartet. Im Sommer haben sie 16 Jugendliche zum „Young Explorers Camp“ eingeladen – die ihre Erfahrungen nun wiederum voller Begeisterung als junge Nationalpark-Botschafter weitertragen.

„Im Internet hat das Multimedia-Projekt bereits eine große Fangemeinde gefunden – auch das ist sicher einer der Gründe, warum das Projekt ‚Abenteuer Schwarzwald‘ schon vor seinem Abschluss von der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet worden ist“, lobte Bonde den Einsatz des jungen Teams, das sein Projekt den Gästen des Landes in Berlin selbst vorstellte. „Ich freue mich riesig darüber, dass die Natur so viel jugendliche Kraft, so viel Einsatzfreude und Ideenreichtum auf ihrer Seite weiß.“

Hintergrundinformationen:

Der Nationalpark Schwarzwald

Der Nationalpark Schwarzwald – einer von 16 deutschen Nationalparks – liegt im nördlichen Schwarzwald zwischen Baden-Baden und Freudenstadt. Die Fläche von insgesamt rund 10.000 Hektar – etwa 0,7 Prozent der Wälder im Land – ist in zwei Gebiete unterteilt. Eingebettet ist das junge Großschutzgebiet, dessen Gründung ein rund zweijähriger, intensiver Beteiligungsprozess vorausgegangen war, in den 375.000 Hektar großen Naturpark „Schwarzwald Mitte/Nord“.

In spätestens 30 Jahren gilt auf 75 Prozent der Fläche das Motto: „Natur Natur sein lassen.“ Der Mensch wird hier nicht mehr eingreifen. Die Bevölkerung soll im Nationalpark Natur pur genießen und Wildnis erleben, die Region davon profitieren können. Wissenschaft und Forschung werden die spannenden Entwicklungsprozesse genau beobachten und untersuchen. Eine Besonderheit im Nationalpark Schwarzwald ist, dass zum Forscherteam neben Naturwissenschaftlern auch Sozialwissenschaftler gehören.

Akzeptanzstudie zum Nationalpark

Vom 25. November bis zum 8. Dezember 2014 hat das Meinungsforschungsinstitut LINK aus Frankfurt insgesamt 1000 Menschen aus ganz Baden-Württemberg sowie 500 Bewohnerinnen und Bewohner aus den ländlichen Kreisen Freudenstadt, Ortenau, Rastatt und Calw rund um den Nationalpark am Telefon befragt. Der Soziologe Professor Baldo Blinkert vom Fifas-Institut in Freiburg war für die Auswertung der jeweils rund 20-minütigen standardisierten Telefoninterviews verantwortlich.

Zur Kurzfassung der Pilotstudie (PDF, 538 KB)

Zur Langfassung der Pilotstudie (PDF, 3,28 MB)

Wegekonzept, Verkehrskonzeption und Besucherzentrum

Der Nationalpark findet bei den Menschen bereits großen Anklang: 41 000 Gäste haben bereits im ersten Jahr (Kalenderjahr 2014) an einer der mehr als 800 Veranstaltungen im Nationalpark teilgenommen. Im aktuellen Jahr 2015 ist das Besucherinteresse ungebrochen. In enger Zusammenarbeit mit der Region werden die bevorstehenden Aufgaben wie beispielsweise die Entwicklung eines Konzepts für die Wege im Nationalpark, einer Gesamtkonzeption für den Verkehr im und um den Nationalpark oder der Tourismus zügig vorangetrieben.

Darüber hinaus arbeitet die Nationalparkverwaltung derzeit gemeinsam mit Architekten und Gestaltern intensiv an der Detailplanung für das Besucherzentrum. Mitte Februar 2015 hatte das Preisgericht hat aus den letzten 22 von ursprünglich 160 Vorschlägen für das Infozentrum den Siegerentwurf des interdisziplinären Planerteams Sturm + Wartzeck GmbH, Dipperz (Architektur), schlaich bergermann und Partner - sbp gmbh, Stuttgart (Tragwerksplanung), EWT Ingenieure GmbH, Grebenhain (Technische Gebäudeausrüstung) und landschaftsarchitektur gmbh, Bonn (Landschaftsarchitektur) gekürt. Mitte März 2015 wurde der Gestalterwettbewerb entschieden: Die Ausstellungsplanung für das neue Infozentrum übernimmt Friedo Meger mit seiner Firma kunstraum gfk mbh.

Insgesamt ist das Projekt mit voraussichtlichen Baukosten in Höhe von 18,5 Millionen Euro geplant. Neben einer großen Ausstellung, die an das Thema Wildnis heranführen soll, wird es eine kleine Gastronomie und einen Shop geben. Der Baubeginn ist für den Jahreswechsel 2016/2017 vorgesehen. (mlr-bwl)
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Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg
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