10.10.2011 | 12:05:00 | ID: 10894 | Ressort: Verbraucher | Verbraucherschutz

Einheitliches europäisches Niveau für die Überwachung der Acrylamid-Belastung in Lebensmitteln

Berlin (agrar-PR) - Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes gilt in Deutschland seit 2002 ein vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) entwickeltes Acrylamid-Minimierungskonzept mit nationalen Signalwerten.

Die weitgehende Übernahme des Konzepts auf europäischer Ebene stellt eine Anerkennung für die gemeinsamen Aktivitäten von Lebensmittelwirtschaft und Lebensmittelüberwachung in Deutschland dar. Acrylamid hat sich im Tierversuch als krebserregend gewiesen. Dass es auch im menschlichen Körper krebserregend sein kann, hat sich bisher nicht bestätigt, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aktuell festgestellt hat.

Acrylamid hat sich im Tierversuch als krebserregend erwiesen. Die Wirkung von Acrylamid auf den Menschen ist jedoch nicht abschließend geklärt. Auf der Basis uneinheitlicher Ergebnisse epidemiologischer Studien kann ein kausaler Zusammenhang zwischen der Acrylamidaufnahme und einer Krebserkrankung beim Menschen weder angenommen noch ausgeschlossen werden, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aktuell festgestellt hat.

Im Januar 2011 wurden mit der Empfehlung der Europäischen Kommission zur Untersuchung des Acrylamidgehalts von Lebensmitteln auf europäischer Ebene Richtwerte („Indicative values") für die meisten Lebensmittelgruppen eingeführt, für die bisher in Deutschland nationale Signalwerte galten. Das BVL hat bei der Veröffentlichung der 8. Signalwertberechnung vom November 2010 darauf hingewiesen, dass das nationale Minimierungskonzept mit der Einführung von Richtwerten auf europäischer Ebene weitgehend abgelöst wird. Für die Warengruppen, für die in der Kommissions-Empfehlung keine Regelungen getroffen worden sind, gelten die nationalen Signalwerte aus der 8. Signalwertberechnung vom November 2010 weiterhin.


Gültige europäische Richtwerte

Für die folgenden zehn Warengruppen der Empfehlung zum Monitoring von Acrylamid in Lebensmitteln wurden europäische Acrylamid-Richtwerte festgelegt:

Pommes frites (verzehrsfertig) Kartoffelchips Brot Frühstückscerealien (ohne Müsli und Porridge) Kekse, Kräcker, Waffeln und Knäckebrot (ausgenommen Lebkuchen) Röstkaffee Löslicher Kaffee Beikost für Säuglinge und Kleinkinder (ohne Getreidebeikost) Zwieback und Kekse für Säuglinge und Kleinkinder Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder.


Für sieben dieser Warengruppen wurden seit 2002 auf nationaler Ebene Signalwerte berechnet. Vergleicht man bei diesen Warengruppen die EU-Richtwerte mit den nicht mehr gültigen Signalwerten aus der 8. Berechnung vom November 2010, so stellt man fest, dass die EU-Richtwerte in fast allen Fällen - mit Ausnahme des Iöslichen Kaffees bzw. Instant-Kaffees - über den früheren nationalen Signalwerten liegen. Die Unterschiede beruhen auf der Datengrundlage zur Berechnung des nationalen Signalwertes und der EU-Richtwerte. In der EU liegen die Acrylamidgehalte in Lebensmitteln dieser Produktgruppen im Durchschnitt über den Acrylamidgehalten der in Deutschland untersuchten Proben. Beide Werte werden auf Basis der tatsächlich gemessenen Acrylamidgehalte berechnet.


Wichtiger Meilenstein im Verbraucherschutz

Die EU-Empfehlung stellt einen wichtigen Meilenstein für die Verbraucher in Europa dar. Die deutschen Hersteller haben sich schon viele Jahre an den nationalen Signalwerten orientiert, und darüber hinaus bei vielen Produkten eine schrittweise Absenkung der Acrylamidgehalte erzielt. Mit der Einführung von EU-Richtwerten wird dieser Prozess auch in den anderen Mitgliedstaaten angestoßen.


Nationale Signalwerte

Nationale Signalwerte gelten seit Januar 2011 nur noch für die folgenden drei Warengruppen:

Kartoffelpuffer Lebkuchen Ersatzkaffee
Da die Herstellungsweise dieser drei Warengruppen in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ist, und sich daraus eine große Schwankungsbreite der Acrylamidgehalte ergeben kann, hat die EU-Kommission dafür vorerst keine europäischen Richtwerte vorgesehen.


Maßnahmen zur weiteren Acrylamid-Reduzierung

Die EU-Kommission hat in der Empfehlung zur Untersuchung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln angeregt, dass die Behörden in den Mitgliedstaaten bei denjenigen Lebensmitteln, deren Acrylamidgehalt den im Anhang der Empfehlung festgelegten Richtwert überschreitet, weitere Untersuchungen vornehmen sollen. Das Ziel dieser Untersuchungen ist es, die relevanten Produktionsverfahren im Betrieb im Hinblick auf eine mögliche Acrylamid-Reduzierung zu überprüfen. In diesem Zusammenhang sollen Lebensmittelüberwachungsbehörden und Lebensmittelunternehmer technologische Verbesserungsmaßnahmen gemeinsam erörtern. Insofern entspricht diese Vorgehensweise dem seit 2002 in Deutschland eingeführten Acrylamid-Minimierungskonzept.

Darüber hinaus soll im Rahmen der Betriebskontrollen festgestellt werden, inwieweit die Leitsätze des europäischen Industrieverbandes FoodDrinkEurope zur Acrylamid-Minimierung in der jeweils aktualisierten Fassung Anwendung gefunden haben. Die Mitgliedstaaten sind gehalten, die Ergebnisse dieser Betriebskontrollen der EU-Kommission rechtzeitig mitzuteilen, damit eine Bewertung der Situation auf europäischer Ebene bis zum 31.12.2012 erfolgen kann. Auf dieser Grundlage wird in entsprechenden Fachgremien der EU über die Notwendigkeit weiterer geeigneter Maßnahmen, z. B. die Anpassung der aktuell gültigen Richtwerte, entschieden werden.


Einzeldaten zu Kartoffelchips und Weihnachtsgebäck

Eine Zusammenstellung der dem BVL vorliegenden Einzeldaten zu Kartoffelchips und Weihnachtsgebäck (Lebkuchen und Spekulatius) mit Dateneingang vom 01. Januar 2010 bis 31. März 2011, zu denen Anfragen nach dem Verbraucherinformationsgesetz gestellt wurden, wurde auf der Website des BVL veröffentlicht. Dem BVL liegen keine Hinweise auf Zweifel an der Richtigkeit dieser von den zuständigen Landesbehörden erhobenen Daten vor. Dennoch kann für die Richtigkeit der Angaben keine Gewähr übernommen werden. Da zum Zeitpunkt der Veröffentlichung das nach dem Verbraucherinformationsgesetz vorgeschriebene Anhörungsverfahren noch nicht abgeschlossen war, können noch nicht alle Messergebnisse veröffentlicht werden.

Es handelt sich bei den Messergebnissen ausdrücklich nicht um Daten aus der aktuellen Produktion. Der zum Zeitpunkt der Probenahme gültige Signalwert aus dem Jahr 2008 für Spekulatius lag bei 416 µg/kg, der Signalwert für Kartoffelchips und für Lebkuchen jeweils bei 1000 µg/kg. Unter diesen Voraussetzungen überschritten lediglich fünf Proben Kartoffelchips den damals gültigen Signalwert. Bei Spekulatius lagen erfreulicherweise alle Proben unterhalb des Signalwerts von 2008. Lediglich bei der Warengruppe Lebkuchen war der zum Zeitpunkt der Probennahme gültige Signalwert in 49 Proben überschritten, darunter befanden sich keine Produkte aus der industriellen Produktion.


Nächste Signalwertberechnung

Das BVL hat im Rahmen der Veröffentlichung der 8. Signalwertberechnung bereits angekündigt, dass zukünftige statistische Auswertungen und die Neuberechnung des Signalwerts für die im nationalen Minimierungskonzept verbleibenden Produkte im Abstand von ca. zwei Jahren erfolgen werden. Die nächste turnusgemäße Berechnung wird demnach voraussichtlich im 2. Halbjahr 2012 stattfinden. (bvl)
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