Bad Kreuznach (agrar-PR) - 19.07.2010
Verlautbarungen des Verbandes Pfälzer Weinkommissionäre e.V. durch
dessen Vorsitzenden Peter Best und Geschäftsführer Hermann Böckel zur
jüngsten Novellierung des Weingesetzes nimmt die Landwirtschaftskammer
Rheinland-Pfalz zum Anlass für eine Klar- und Richtigstellung. Best und
Böckel vermitteln den Eindruck, dass ausschließlich und allein der
Präsident der Landwirtschaftskammer Ökonomierat Norbert Schindler MdB
eine Änderung der Mengenregulierungsvorschrift gefordert habe. Dies
trifft nicht zu. Richtig ist, dass Präsident Schindler nach Ansprache
von vielen Seiten als erster öffentlich auf das Problem aufmerksam
machte. Nach einer ausgiebigen Analyse der Situation im Vorfeld durch
eine Arbeitsgruppe der Landwirtschaftskammer wurde deutlich, dass eine
Änderung der gesetzlichen Regelung notwendig ist. Zusätzlich belegen
betriebsbezogene Auswertungen der staatlichen Weinkontrolle eine
ständig zunehmende Umgehung der qualitätsorientierten Mengenbegrenzung
auf den der Erzeugung nachfolgenden Handelsstufen. Dies führte im
Ergebnis dazu, dass neben Präsident Schindler auch Weinbauminister
Hendrik Hering, die Staatssekretärin im
Bundeslandeswirtschaftsministerium Julia Klöckner, nationale und
regionale Weinbauverbände und die mit der Thematik befassten Mitglieder
des Bundestags von CDU/CSU, FDP und SPD für eine Änderung des
Weingesetzes eintraten und die dahin führende Initiative durchgehend
gemeinsam trugen.
Leidtragende an der bis dahin
systematischen Umgehung der Hektarertragsregelung auf der ersten
Handelsstufe waren neben den weinausbauenden Betrieben auf der
Erzeugerstufe, bei denen die Einhaltung der Hektarertragsreglung streng
kontrolliert wird, auch die Winzer die Trauben an die erste
Handelsstufe abgegeben haben.
Dass die aufgrund der überhöhten
Ausbeute erzielten betrieblichen Mehrerlöse, die in einzelnen Betrieben
bei bis zu 20 Prozent lagen, nicht
an die Traubenproduzenten
weiter gereicht wurden, verdeutlicht folgende Rechnung: Für ein kg
Dornfelder Trauben wurden im Herbst 2009 0,48 Euro bezahlt. Ein Winzer
der 14.000 kg Trauben im Herbst abgab, erzielte somit einen Erlös von
6.720,- Euro. Wie den Aufzeichnungen aus Handelsbetreiben zu entnehmen
ist, wurden in einigen Betrieben Ausbeuten von 95 Prozent und mehr
realisiert. Diese bedeutet, dass diese Handelsbetriebe aus der
gelieferten Traubenmenge etwa 13.300 Liter Most bereitetet haben. Bei
einem laut Marktbeobachtungen des Deutschen Weinbauverbands notierten
Mostpreis von 0,70 bis 0,73 Euro/Liter, bedeutet dies einen Erlös von
9.310,- Euro bis zu 9.709,- Euro, für die von dem Erzeuger gelieferten
Traubenmenge und damit ein Gewinnsprung von bis zu plus 2.989,- Euro
oder mehr als 30 Prozent. Bei dieser enormen Gewinnspanne darauf zu
verweisen, "man habe die Kelterkosten von 0,04 Euro/Liter nicht
berechnet" ist ein Verhöhnung der benachteiligten Winzer. Zusätzlich
führten die übertrieben hohen Ausbeuten zu einer Weinmehrung, für die
die Handelsbetriebe ansonsten Aufkäufe bei den Winzern hätten tätigen
müssen. Dies verdeutlicht, dass nur einige Wenige von dieser
wettbewerbsverzerrenden Gesetzeslücke profitiert haben.
Die Einschränkung der
Verwertungsmöglichkeiten von Mehrausbeuten führt - unter Voraussetzung
einer unveränderten Verbrauchernachfrage - auf der Handelsseite zu
einem größeren Bedarf an Trauben und Most und damit tendenziell zu
einer Stabilisierung der Erzeugerpreise. Es ist daher unverschämt, dass
der Verband der Weinkommissionäre, "Zum Wohle der traubenabgebenden
Winzer", als "unbürokratischen Lösungsansatz" die Heraufsetzung der
Umrechnungsfaktoren vorschlägt. Die geforderte Heraufsetzung der
Umrechnungsfaktoren führt ausschließlich zu einer Reduzierung des
Ablieferungskontingents und somit zu einer massiven Erlösschmälerung
bei den Traubenerzeugern.
Der Hinweis in einem Leserbrief von Peter
Best, dass "für die Fälle missbräuchlicher Nutzung der bisherigen
Regelung die Weinkontrolle zuständig ist", trifft - offensichtlich
ungewollt - genau den Kern des Problems. Die nun beschlossene
Gesetzesänderung schafft eine Rechtsgrundlage, nach der die
Verfolgungsbehörden nun endlich gegen Missbräuche im Rahmen der
Hektarertragsregelung nicht nur in Erzeugerbetrieben, sondern auch in
den nachfolgenden Handelsstufen vorgehen können.