24.09.2014 | 20:10:00 | ID: 18748 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Ja zu Verhandlungen - aber kein Freihandelsabkommen um jeden Preis

Schwerin (agrar-PR) -

Heute fand in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommerns in Berlin ein parlamentarischer Abend zum Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) statt. Auf der Verbraucherschutzministerkonferenz von Bund und Ländern (VSMK) wurde beschlossen, dass das Vorsitzland TTIP in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellt. „Für mich ist bei TTIP ganz klar: Wir stehen den Verhandlungen offen gegenüber. Aber wir wollen kein Abkommen um jeden Preis. Das heißt für uns, Wahrung unserer Standards und ein offenes, demokratisches Verfahren. Nur so können wir die Bürgerinnen und Bürger der EU von den Vorteilen eines Abkommens überzeugen. Hier ist die EU mittlerweile in der Bringschuld“ so Dr. Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern und Vorsitzender der VSMK.

Es ist allgemein bekannt, dass in Bezug auf TTIP Unbehagen in Fachkreisen wie auch in der Bevölkerung herrscht. Dafür gibt es verschiedene Gründe: „Im Rahmen von TTIP beschäftigen uns auch vergleichsweise emotionale Fragen. Hier muss die Diskussion sachlich geführt werden. Aber ein Ignorieren dieses Unbehagens darf sich die Politik nicht erlauben“, erklärte der Minister. Vor allem werden geplante Vereinbarungen zu Produkten kritisch gesehen, die die Verbraucher unmittelbar im Alltag erleben – wie zum Beispiel die mögliche Privatisierung der Trinkwasserversorgung als Dienstleistung der Daseinsvorsorge. „Aber natürlich auch die Wahrung der Verbraucher-, Sozial- und Umweltstandards. Also alle Ebenen, mit denen jeder täglich in Berührung kommt. Hier müssen wir dafür sorgen, dass wir bei unseren sehr guten Standards bleiben“, unterstrich Dr. Backhaus in Berlin.

Des Weiteren stehen seit Längerem wesentliche Fragen der Transparenz rund um derartige Abkommen bzw. um genau dieses Abkommen im Fokus. „Dabei geht es nicht nur um die Informationspolitik gegenüber der Öffentlichkeit und den Medien, sondern auch um eine – gelinde gesagt – sehr ungewöhnliche Form der Einbindung des Europäischen Parlaments und der nationalen Volksvertretungen sowohl in die Informationswege als auch in die Entscheidungsprozesse. Das kann nicht so weiter gehen. Es ist daher Wasser auf die Mühlen der Kritiker, dass die EU-Kommission jüngst das Bürgerbegehren gegen die TTIP-Verhandlungen relativ barsch aus formalen Gründen abgelehnt hat. Dies hilft weder dem Abkommen noch, wenn man die Europawahlen bedenkt, der Demokratie in Europa“, mahnte der Minister.

Darüber hinaus wird teils sehr heftig über das so genannte Investitionsschutzkapitel diskutiert. Es stellt sich dabei die Frage, ob privatwirtschaftliche Unternehmen gegenüber einzelnen Mitgliedstaaten oder der EU nicht nur besondere Klagerechte und damit hohe Durchsetzungschancen für privatwirtschaftliche Interessen hätten, die dem Wohl der Allgemeinheit keinesfalls verpflichtet sein müssten. „Für mich ist die Sachlage eindeutig. Der Erhalt des Allgemeinwohls und die Wahrung der Standards dürfen und können nicht für individuelle Interessen von Wirtschaftsunternehmen im Kontext des Investitionsschutzes geopfert werden. Dies ist auch verfassungsrechtlich höchst bedenklich“, argumentierte Dr. Backhaus.

Wie wären die Auswirkungen von TTIP auf Mecklenburg-Vorpommern? Hierzu ist die Zahlenprognose noch schwieriger und entsprechend dünn: Das ifo-Institut hat eine solche mikroökonomische Analyse nach Bundesländern, Branchen und Bildungsgruppen versucht. Erstaunlicherweise liegt MV bei der Prognose der sogenannten regionalen bilateralen Handelsbeschaffungseffekte – besser gesagt: Exportzuwachs – sogar an der Spitze der Bundesländer (mit 29,3 %, in etwa auf dem Niveau von NRW). „Dass unser Land hier so gut abschneidet, liegt an den überdurchschnittlichen Wachstumsprognosen vor allem für die Ernährungswirtschaft (+ 66 %) sowie die Land-, Forst´- und Fischereiwirtschaft (+ 47 %). Aber: es handelt sich um relative Vergleichswerte – viel entscheidender ist, was ein solcher Wirtschaftszuwachs in Euro oder in Arbeitsplätzen bedeutet“, erklärte der Minister. Ernüchternd fallen daher die Vergleichszahlen aus der Prognose des ifo-Instituts aus: Während für Nordrhein-Westfalen ein Wertschöpfungseffekt durch TTIP von rd. 1,43 Mrd. Euro vorhergesagt wird, wären dies für Mecklenburg-Vorpommern gerade einmal 25 Mio. Euro. Ähnlich sieht es bei der möglichen Beschäftigungswirkung aus: mehr als 21.000 Arbeitsplätzen an Rhein und Ruhr stünden gerade einmal 735 in MV gegenüber. „In diesen Zahlen liegt für uns auch ein Vorteil: wir können aus Mecklenburg-Vorpommern diesen Prozess rund um TTIP ganz nüchtern, sachlich und vor allem unvoreingenommen verfolgen und bewerten“, so der Minister. (regierung-mv)

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