Bad Kreuznach (agrar-PR) - Wie in den vergangenen Jahren wurden auch 2010 für
Inhaber land- und weinbaulicher Betriebe des rheinland-pfälzischen
Buchführungs-Testbetriebsnetzes spezielle Schulungstagungen
durchgeführt. Jedes Bundesland erfasst möglichst repräsentativ in den
unterschiedlichen Sparten der Landwirtschaft und des Weinbaus
betriebliche Buchführungsdaten, verarbeitet diese rechentechnisch und
wertet sie aus. In Rheinland-Pfalz wird diese Erhebung durch die
Landwirtschaftskammer in Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen
Buchstellen durchgeführt, wobei landesweit etwa 1200 Buchabschlüsse
erfasst werden.
Einmal jährlich erstellt die Kammer eine Broschüre mit den
ausdifferenzierten Ergebnissen, die an die Bundesregierung
weitergeleitet werden, die zu großen Teilen die Kosten trägt. Ziel der
Erhebung ist es, sowohl auf Länder- als auch auf Bundesebene einen
Aufschluss über die wirtschaftliche Lage der einzelnen Sparten der
Landwirtschaft zu erhalten. Die Daten stellen somit eine fachlich
fundierte, als Entscheidungsgrundlage dienende Informationsquelle für
die Politik dar. Natürlich sind die Daten auch eine gute
Informationsquelle für landwirtschaftliche Sachverständige, für die
Beratung und für Verwaltungen. Sie stellen aber darüber hinaus auch ein
gutes und bewährtes Arbeitsmittel für landwirtschaftliche Fachschulen
und die Wissenschaft dar.
Zur Schulung der rheinland-pfälzischen
Testbetriebe fanden jetzt in Kaiserslautern-Hohenecken und in Bitburg
die diesjährigen, jeweils gut besuchten Fortbildungsveranstaltungen
statt. Während Eberhard Hartelt, Vorstandsmitglied der
Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz sowie des Bauern- und
Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, die gemeinsam mit dem
Bauernverband durchgeführte Veranstaltung in Hohenecken eröffnete und
leitete, absolvierte dies in Bitburg Heribert Metternich, Vizepräsident
der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz.
Einführend stellte Günter Müller,
Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, die Ergebnisse der
Haupterwerbsbetriebe der Landwirtschaft und des Weinbaus des
Wirtschaftsjahres 2008/2009 vor. Nach dem "Rekordjahr" 2007/2008 mit
Spitzenergebnisse aller Sparten, außer der Veredlung, verzeichneten
2008/2009 fast alle Sparten Rückgänge im Unternehmensergebnis von z.T.
über 33 Prozent. Lediglich die Veredlungsbetriebe (Schweinemäster und
Ferkelerzeuger) konnten ihr allerdings sehr schlechtes
Vorjahresergebnis deutlich verbessern. Detaillierte Berichte und
Auswertungen hierzu finden sich auf der Internetseite der Kammer
www.lwk-rlp.de unter "Testbuchführung".
Als weitere Referenten berichteten Rudi Werner vom
Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd in Hohenecken und Walter
Sesterhenn vom Bauern- und Winzerverband Rheinland Nassau in Bitburg
über Aktuelles und Wissenswertes aus dem Bereich Steuern.
Hauptredner bei beiden Veranstaltungen war Dr.
Gerd Wesselmann, Agrarexperte der WGZ Bank in Münster/Westfalen. In
seinem Vortrag "Agrarfinanzierung unter sich ändernden Vorzeichen" ging
er vor allem auf das sogenannte "Agrarrating" ein. "Sie führen
Unternehmen, und dazu gehört deren Finanzierung. Dies ändert sich in
Zukunft erheblich; entscheidende Stichworte: Basel II und insbesondere:
Rating", so die einführenden Worte von Dr. Wesselmann. Landwirte
sollten sich grundsätzlich über Sinn und Struktur eines Rating
informieren und ruhig auch mal ihre Ratingklasse nachfragen. Ein Rating
sei im Grunde als Dialog zwischen Landwirt, Bank, Berater und
Buchstelle aufzufassen mit dem Ziel, ebenso verständliche wie
detaillierte Grundlagen und Informationen für eine angemessene finanz-
und kreditwirtschaftliche Beurteilung eines Unternehmens
zusammenzustellen.
Diese ratingorientierte Beurteilung erfolge, so Dr. Wesselmann, stets in fünf Ratingbereichen durch spezifische Ratingkriterien.
Wirtschaftliche
Verhältnisse: Dieser Bereich beinhaltet im Wesentlichen eine
weitestgehend kennzahlenartige Beurteilung bisher vorliegender
Jahresabschlüsse und Vermögensverhältnisse sowie deren anschließender
Interpretation mittels betriebswirtschaftlicher Kennzahlen,
horizontaler und vertikaler Betriebsvergleiche, spezifischer
Auswertungen etc.. Zentrale unternehmens- und unternehmerbezogene
Kennzahlenbereiche sind dabei Stabilität, Liquidität und Rentabilität
sowie (kostengünstige) Finanzierung.
Kundenbeziehung: Hier erfolgt eine
Beurteilung bisheriger Praktiken landwirtschaftlicher Kunden bezüglich
Information und Kontenführung gegenüber ihrer jeweiligen Bank. In der
Regel sollten hierüber entsprechende Vereinbarungen zwischen Landwirt
und Bank bestehen, die dann auch einzuhalten sind.
Management: Dieser Bereich beinhaltet im
Wesentlichen eine qualifizierbare Beurteilung der beiden Teilbereiche
Geschäftsführung/Management und Rechnungswesen/Controlling. Sowohl
Unternehmer selbst als auch Bank sind aufgefordert, diesen Kriterien in
Zukunft eine deutlich größere Aufmerksamkeit zu widmen.
Markt/Branche/Rahmenbedingungen: Hier
erfolgt eine Beurteilung einschlägiger Agrarmärkte und -branchen, ggfs.
inkl. vor- und nachgelagerter Bereiche. Die hier vorliegenden Details
und Zusammenhänge sowie Diskrepanzen sind unbedingt aufzuzeigen und zu
verdeutlichen.
Zukünftige Unternehmensentwicklung: Dieser
Bereich schließt im Wesentlichen an den Bereich "wirtschaftliche
Verhältnisse" an und beinhaltet im Allgemeinen folgende Teilbereiche:
Entwicklung seit dem letztem Jahr, Unternehmensplanung inkl.
Businessplan etc., Ertragsplanung und zukünftige Kapitaldienstfähigkeit
sowie besondere Unternehmenskriterien. Diese Kriterien erlangen oft
eine besondere und zukünftig größere Bedeutung.
Zentrale Ergebnisse dieses Ratingprozesses sind
die "Bonität"(-sklassen) eines jeweiligen Kreditnehmers und die
Ausfallwahrscheinlichkeit eines durch diesen beantragten Kredites.
"Vermeiden Sie Überziehungen des Kontos und hüten Sie sich vor allem
vor Überziehung des Kontokorrentrahmens", so die mahnenden Worte von
Dr. Wesselmann in seinem Resümee.
Zusammenfassend kann der Hoffnung Ausdruck
verliehen werden, dass die beiden sehr informativen
Fortbildungsveranstaltungen den teilnehmenden Betriebsinhabern einen
Informationszugewinn gebracht haben und vielleicht einen kleinen
Beitrag dazu leisten werden, dass diese künftige Herausforderungen im
Agrarsektor besser begegnen können.