18.11.2011 | 12:50:00 | ID: 11441 | Ressort: Landwirtschaft | Beruf & Bildung

Damit Ausbildungsplätze nicht zu Leerstellen werden

Bad Kreuznach (agrar-PR) - "Alles im grünen Bereich!" So könnte derzeit die Ausbildungssituation der Berufe im Zuständigkeitsbereich der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz beschrieben werden.
Im vergangenen Jahr konnte ein Plus von knapp 3 Prozent bei den neuabgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen verzeichnet werden. Die Zahl der Auszubildenden in den insgesamt 14 Grünen Berufen liegt seit einigen Jahren konstant über 2.000. Längst kommen die Auszubildenden nicht mehr überwiegend aus elterlichen landwirtschaftlichen, wein- oder gartenbaulichen Betrieben, der Anteil der Seiteneinsteiger liegt bereits bei 60 Prozent und zeigt, dass nicht nur künftige Betriebsnachfolger hier ihre berufliche Zukunft sehen.

Dennoch startet die Landwirtschaftskammer mit verstärkten Anstrengungen beim Ausbildungsmarketing und bei der Ausbildungsplatzvermittlung jetzt nach dem Vorbild des Handwerks eine Initiative mit dem Ziel, Ausbildungsbetriebe und Auszubildende direkt, schnell und möglichst passgenau zusammen zu führen. So bietet etwa die Handwerkskammer Hamburg bereits seit drei Jahren (HWK Trier seit Juli 2010) ihren Mitgliedsbetrieben mit dem Projekt Passgenaue Vermittlung Auszubildender an ausbildungswillige Unternehmen eine entsprechende Serviceleistung an. Für eine Ausbildung in den 14 Grünen Berufen wurde eine spezielle Variante des Projekts jetzt von der landwirtschaftlichen Selbstverwaltung ins Leben gerufen. Landesweit stehen der Landwirtschaftskammer dafür zwei Mitarbeiterinnen zur Verfügung.

Die Maßnahme wird aus dem Europäischen Sozialfonds für Deutschland (ESF) der Europäischen Union kofinanziert und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Denn die Prognosen verheißen auch den Grünen Berufen die gleichen Probleme, die in einigen Teilbereichen der Wirtschaft bereits feststellbar sind, in anderen in den nächsten Jahren mit zunehmender Dramatik erwartet werden. Das Eintreffen der geburtenschwachen Jahrgänge auf dem Ausbildungsmarkt wird auch die Ausbildungsberufe bei der Landwirtschaftskammer nicht verschonen. Der absehbare Nachwuchsmangel wird die Betriebe in einer Phase treffen, in der viele Betriebsleiter, aber auch eine große Zahl der qualifizierten Mitarbeiter sich dem Renteneintrittsalter nähern.

Beim Statistischen Landesamt ist zu erfahren, dass in Rheinland-Pfalz knapp über 70 Prozent der Betriebsleiter und deutlich über 60 Prozent der ständigen Arbeitskräfte in den landwirtschaftlichen Betrieben älter als 45 Jahre sind. Wenn die in den Jahren ab 2030 in Rente gehen, wird der Mangel an Betriebsnachfolgern und Fachkräften auch diesen volkswirtschaftlichen Bereich mit voller Wucht treffen, weil in den Jahren bis dahin die Zahl der Schulabgänger und damit auch der potenziellen Auszubildenden in den Grünen Berufen dramatisch sinken wird.

Die Bertelsmann-Stiftung, die den demographischen Wandel mit seinen Auswirkungen auf das Bildungssystem verfolgt, prognostiziert für Rheinland-Pfalz bis 2025 einen Rückgang der Zahl der Sekundarschüler (10- bis 15-Jährige) um 20 Prozent. Gleichzeitig wird das Abitur immer beliebter, während die Hauptschule schrittweise aufgegeben wird.

In Rheinland-Pfalz wird ab 2014 ein Prozess wirksam, der in den ostdeutschen Bundesländern aufgrund deren spezifischer demographischer Struktur schon eingesetzt hat; hier werden bereits in den kommenden fünf Jahren 20 Prozent der ständigen Mitarbeiter in landwirtschaftlichen Betrieben altersbedingt ausscheiden, weitere 35 Prozent bis 2030. Der verzögerte Einsatz dieser Entwicklung in Rheinland-Pfalz verschafft dem Land, der hiesigen Landwirtschaft und ihrer Organisationen etwas Luft, um Vorsorge zu treffen, damit Ausbildungsplätze nicht zu Leerstellen werden und der Mangel an Fach- und Führungskräften zu einem strukturellen Problem mit weitreichenden Konsequenzen führt.

Dass inzwischen bereits jeder fünfte Jugendliche seine Ausbildung vorzeitig abbricht, muss auch und gerade vor diesem Hintergrund als Alarmzeichen betrachtet werden. Nicht nur weil mit jedem Abbruch die bis dahin in die Ausbildung gesteckten Investitionen an Zeit, Arbeit und Geldmittel verloren sind, nicht nur weil die Abbrecher, sofern sie nicht rasch in eine Ausbildungsalternative wechseln, kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, sondern auch weil das ohnehin abnehmende Potenzial künftiger Fachkräfte noch einmal kleiner wird. Auch die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz beklagt eine steigende Abbrecherquote und macht dafür eine unzureichende informelle Vorbereitung, das Unterschätzen der Anforderungen des Ausbildungsganges und einen Mangel an Unterstützung im Problemfall verantwortlich.

Das Projekt Passgenaue Vermittlung richtet sich an Schüler und Absolventen, die in der Wahl ihres künftigen Berufsweges noch nicht festgelegt sind, und an ausbildungswillige Betriebe, die den mit der Bereitstellung eines Ausbildungsplatz verbundenen Aufwand und das Risiko der Bindung an einen möglicherweise nicht geeigneten Azubi scheuen. Als ersten und ganz besonders wichtigen Schritt betrachtet die Kammer die Beseitigung von Mängeln bei der Berufsinformation.

Das Bild der landwirtschaftlichen Berufe ist häufig geprägt von antiquierten Darstellungen und verzerrten Vorurteilen. Hier gilt es mit realistischer Beschreibung von Inhalten und Abläufen der Ausbildung und des späteren Berufslebens das manchmal verstaubte Image der Grünen Berufe der vielfältigen, ereignisreichen und innovativen Wirklichkeit anzupassen.

Mit der Intensivierung von Information und Beratung, die zeitgleich auch von den Berufsverbänden betrieben wird, knüpft die Kammer an das Projekt Lernort Bauernhof an, bei dem im Zusammenwirken mit interessierten Schulen Lehrer und Schüler mit den Realitäten der modernen Landwirtschaft vertraut gemacht werden. In Bezug auf die Ausbildungsbetriebe betreibt die Kammer Motivation und Unterstützung, wie beispielsweise bei der 2011 erstmals durchgeführten Prämierung zum Ausbildungsbetrieb des Jahres, die künftig jährlich durchgeführt wird.

Im Rahmen des Projekts Passgenaue Vermittlung erfolgt die Information durch Kommunikation der herkömmlichen Art z.B. in Schulen oder bei Ausbildungsmessen, vor allem aber durch Kommunikation über die neuen Medien des Internets und hier vor allem der sozialen Netzwerke. Nach dem Motto Triff die jungen Leute dort, wo sie sind! werden etwa bei facebook Informationen vermittelt, Erfahrungen ausgetauscht, Auskunft und Beratung angeboten sowie Diskussionsrunden initiiert.

Der zweite Schritt besteht in der Aufnahme eines interessierten Jugendlichen in einen Bewerberpool und der Erstellung eines Bewerberprofils, das mit dem Anforderungsprofil von Ausbildungsbetrieben abgeglichen werden kann. Schließlich erfolgt die Zusammenführung von Bewerber und Betrieb im regulären Bewerbungsverfahren. Auf diese Weise werden Auszubildende mit einer sehr konkreten Darstellung der beruflichen Realität ausgestattet, werden Vorurteile und Irrtümer beseitigt und Missverständnisse bei der Berufswahl, die schlimmstenfalls zum Abbruch führen, weitgehend vermieden.

Sie erfahren, dass die Grünen Berufe vielseitig, spannend, naturnah aber auch mit modernster Technik verbunden sind und eine gute Zukunft bieten. Sie erfahren aber auch, dass die Anforderungen der Grünen Berufe hoch sind und ein hohes Maß an Leistungs- und Einsatzbereitschaft verlangen.

Für einen ausbildungswilligen Betrieb leistet das Projekt den Vergleich von Fähigkeiten, Neigungen und Erwartungen des Bewerbers einerseits mit den theoretischen und praktischen Anforderungen des jeweiligen Ausbildungsgangs sowie des jeweiligen Ausbildungsbetriebs. Dadurch kontaktieren schließlich nur Bewerber den Ausbildungsbetrieb, bei denen die persönlichen Voraussetzungen und die Realitäten der Ausbildung und des Betrieb - bestenfalls passgenau - übereinstimmen.

Die Landwirtschaft braucht Nachwuchs an Fach- und Führungskräften. Stabile Zahlen bei der Ausbildung in den Grünen Berufen sind ein entscheidender Beitrag zur Zukunftssicherung der Betriebe. Auf die demographisch bedingten Veränderung unserer Gesellschaftsstruktur und deren absehbare Folgen für den Ausbildungsmarkt zu reagieren, bevor sie eintreten, ist Vorsorge für den langfristigen Erhalt der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe. Weitergehende Information unter Passgenaue Vermittlung im Internet unter www.gruener-beruf.de. (lwk-rlp)
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Herr Frieder Zimmermann
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