13.07.2009 | 00:00:00 | ID: 1236 | Ressort: Energie | Verbrauch & Versorgung

Den Stromhunger reduzieren

Zürich (agrar-PR) - Im Mai 2009 erklärte die Internationale Energieagentur IEA, dass die wachsende Verbreitung von Mobiltelefonen, Computern und anderen elektronischen Geräten in den nächsten Jahrzehnten einen immer grösseren Anteil am Stromverbrauch ausmachen werde. Forscher der ETH Zürich versuchen dem durch effizientere Stromversorgungen entgegenzuwirken. Es ist ihnen gelungen, die Verluste in den dort eingesetzten Wechselstromgleichrichtern um bis zu zwei Drittel zu reduzieren.

Nach den Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) wird im Laufe des Jahres 2009 die Zahl der Computernutzer 1 Milliarde überschreiten. Bis 2030 wird sich laut IEA der Energiebedarf durch Unterhaltungselektronik und Bürogeräte verdreifachen und zwar auf 1700 Milliarden Kilowattstunden. Das entspricht dem aktuellen Stromverbrauch aller Haushalte in den USA und Japan.

Der steigende IT-Stromverbrauch wird also in Zukunft nicht nur die Stromrechnungen in die Höhe treiben, sondern er gefährdet auch Pläne, die Energiesicherung zu verbessern und weniger Treibhausgase auszustossen. Im Technologiezeitalter ist der IT-Stromverbrauch somit ein nicht zu unterschätzender Energieposten in der allgemeinen Energiespardebatte. Das Schlagwort der «Green IT» macht daher seit längerem die Runde.

Effizientere Versorgungssysteme bauen

Ein Ansatz, dem stetig steigenden Stromverbrauch zu begegnen, besteht darin, die Verluste in den leistungselektronischen Konvertern, welche die IT-Geräte mit Energie versorgen, zu reduzieren. Jürgen Biela und Doktoranden der Professur für Leistungselektronik der ETH Zürich setzten deshalb bei den Gleichrichtern an, die sich in allen IT-Stromversorgungen befinden. Diese wandeln die Wechselspannung des Energienetzes in Gleichspannung um und formen aktiv den Eingangsstrom, um eine Störung anderer Verbraucher zu vermeiden. Dabei entstehen unerwünschte Verluste: Ihr Wirkungsgrad liegt momentan bestenfalls bei 97,5 Prozent.

Biela und seine Kollegen konnten nun durch neue Schaltungskonzepte und Mehrkriterienoptimierungen ein Gleichrichtersystem realisieren, das diesen Wirkungsgrad auf 99,2 Prozent verbessert. «Durch einen um ein Prozent höheren Wirkungsgrad der IT-Geräte in der Schweiz, könnte die Hälfte des jährlichen Stromverbrauchs der gesamten ETH Zürich gedeckt werden», schätzt Biela die Auswirkung der Effizienzsteigerung ein.

Effizienz und extreme Kompaktheit widersprechen sich

Der verbesserte Gleichrichter ist das Ergebnis eines neuen Modellierungs- und Optimierungsansatzes, der es ermöglicht, das Spannungsfeld zwischen maximal erreichbarem Wirkungsgrad und minimalem Bauvolumen in Abhängigkeit der verfügbaren Technologie auszuloten. Denn je kompakter und kleiner ein leistungselektronisches System gebaut wird, desto geringer wird seine Effizienz. Die Gratwanderung besteht also darin, die Systeme – den heutigen Bedürfnissen entsprechend – möglichst klein, aber gleichzeitig mit möglichst geringen Verlusten zu realisieren. Eine ausserordentlich hohe Effizienz, wie in dem gebauten System, erreicht man dabei nur mit einer optimalen Kombination aller Designparameter, die mit Hilfe von analytischen Modellen und Computersimulationen ermittelt wird.

Mit dem von Biela und seinen Kollegen entwickelten Ansatz lässt sich jetzt erstmals der bestmögliche Kompromiss zwischen Wirkungsgrad und Leistungsdichte berechnen. So können die Forscher feststellen, welcher maximale Wirkungsgrad bei einer vorgegebenen Leistungsdichte theoretisch überhaupt erreichbar ist. «Mit den heutigen Materialien ist der von uns erreichte Wirkungsgrad von 99,2 Prozent bei einer Leistungsdichte von 1,4 Kilowatt pro Liter wohl das Optimum», betont Biela. Bei einer maximal erreichbaren Leistungsdichte von ca. 6 Kilowatt pro Liter sinkt der erreichbare Wirkungsgrad auf unter 96 Prozent. Um die hohen Effizienzwerte in der Praxis genau bestimmen zu können, mussten die Forscher überdies ein neues Messsystem entwickeln, mit dem der Wirkungsgrad mit einer Genauigkeit von ±0,05 Prozent bestimmbar ist.

Der weitere Nutzen des Modellierungs- und Optimierungsverfahrens liegt darin, dass damit auch das Potential neuer Technologien und Materialien, wie zum Beispiel Silizium Karbid, ausgelotet werden kann und die Ergebnisse dann den effektivsten Weg für die gewünschte Verbesserung eines Systems zeigen.

Als nächstes der Gleichspannungswandler

Von Seiten der Industrie ist das Interesse an der Forschung von Biela und seinen Kollegen gross. Der Prototyp des Gleichrichters ist bereits für Tests bei einer grossen Halbleiterfirma. «Unser Verfahren ist keine theoretische Spielerei, es kann unmittelbar eingesetzt werden», hebt Biela den Praxisbezug der Forschung hervor.

Der verbesserte Gleichrichter ist aber für Biela und seine Kollegen nur der erste Schritt. Sie erweitern den neuen Modellierungs- und Optimierungsansatz jetzt um den Gleichspannungswandler (ETH Life-Artikel). Er ist dem Gleichrichter nachgeschaltet und bringt die Spannung von 400 oder mehr Volt auf 48 Volt, und dann bis auf 12 beziehungsweise 1 - 1,3 Volt herunter. Diese Spannung wird für den Mikroprozessor und die Speicherbausteine benötigt. Auch hier lassen sich noch erheblich Verluste einsparen, um dem Ziel einer «Green IT» einen Schritt näher zu kommen.
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