18.07.2023 | 16:01:00 | ID: 36924 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarwirtschaft

Getreideernte 2023 in Mecklenburg-Vorpommern: „Kein Superjahr, aber auch keine Katastrophe“

Neubrandenburg (agrar-PR) - Die Ernte der Wintergerste ist in Mecklenburg-Vorpommern abgeschlossen. Bis auf kleine Restflächen haben die Landwirte die Wintergerste bereits gedroschen. „Die Ergebnisse fallen regional wieder sehr unterschiedlich aus.
Fest steht: 2023 ist für die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern kein Superjahr, aber auch keine Katastrophe“, zieht Detlef Kurreck, Präsident des Bauernverbandes MV, eine erste Bilanz. Während die Landwirte auf leichten Böden wenig Ertrag mit schlechtem Hektolitergewicht ernteten, konnten auf besseren Böden zufriedenstellende Erträge in guter Qualität eingefahren werden. „In diesem Jahr zählt bei Menge und Qualität der Ernte jeder einzelne Bodenpunkt.“
Kennzeichnend für das Frühjahr waren ein kühler März und April gefolgt von extremer Trockenheit und Sonne im Mai und Juni. Das fiel genau in die Phase der Ertragsbildung und Kornfüllung. Auf besonders trockenen Feldern mussten die Landwirte sogar die Notbremse ziehen - und Gerste und Weizen für Biogasanlage und Futtertrog häckseln.

Dass sich das Gros der Bestände bei Getreide und Raps dennoch gut entwickelten und in diesem Jahr voraussichtlich eine im langjährigen Mittel nur leicht unterdurchschnittliche Ernte eingefahren werden kann, sei aber nicht nur eine glückliche Fügung, sondern auch Folge angepasster Arbeitsweisen in der Landwirtschaft, betont Kurreck. So setzen die Landwirte immer häufiger auf moderne, trockenheitstolerantere Sorten und eine schonende Bodenbearbeitung, die das Wasser besser im Boden hält.

Der Regen in den vergangenen Tagen war trotzdem lang ersehnt. Die wechselhaften Wetterlagen sorgten zwar für einen holprigen Verlauf der bisherigen Getreideernte. Für die Herbstkulturen wie Zuckerrüben, Mais und Kartoffeln, die zum jetzigen Zeitpunkt bereits gut entwickelt sind, kommen sie jedoch genau zum richtigen Zeitpunkt.

Maßnahmen der 2. Säule bieten zu wenige Anreize
Für den Geschäftsführer der Agrargesellschaft Chemnitz, Toni Jaschinski, hätte die Gerstenernte in diesem Jahr besser laufen können. Der Betrieb baut auf 370 Hektar Wintergerste an. „Die Erträge und die Hektolitergewichte liegen deutlich unter denen im Vorjahr“, berichtet Geschäftsführer Toni Jaschinski. Auch die Futtergewinnung auf den Grünlandflächen sei schlechter als in anderen Jahren verlaufen. „Durch den trockenheitsbedingten verspäteten Schnitt haben wir hier überständiges Futter geerntet, das einen geringeren Nährwert hat und den Tieren weniger Energie liefert.“ Da die Agrargesellschaft Chemnitz über ausreichende Weideflächen verfügt, sei hier der Qualitätsverlust gut ausgleichbar gewesen. Andere Betriebe hätten in diesem Frühsommer mit stärkeren Problemen kämpfen müssen.

Wie bereits in den Vorjahren beteiligt sich die Agrargesellschaft Chemnitz in diesem Anbaujahr an den Agrarumweltmaßnahmen des Landes, die den Landwirtschaftsbetrieben zusätzliche Einnahmen für ihr Umwelt-Engagement versprechen. Neben der Pflichtstilllegung, erfüllt der Chemnitzer Landwirtschaftsbetrieb die Programme zur extensiven Grünlandnutzung und den mehrjährigen Blühflächen. „Ursprünglich sollten die Einnahmen aus diesen Maßnahmen die Verluste durch die Kürzungen in der 1. Säule kompensieren“, erklärt Jaschinski. „Das funktioniert in der Praxis leider nicht.“ Nur wenige Programme aus dem Maßnahmenkatalog des Landes bieten den Landwirtschaftsbetrieben im Land echte Anreize. Darüber hinaus stehen der bürokratische Aufwand bei der Beantragung und der finanzielle Nutzen in keinem guten Verhältnis, so der Geschäftsführer.

Niedrige Getreidepreise, blockierte Handelswege
Eine Herausforderung dürfte in diesem Jahr für die Landwirte die erfolgreiche Vermarktung des geernteten Getreides sein. Denn den durchschnittlichen Erträgen stehen die im Vorjahr stark angezogenen Preis für Energie und Betriebsmittel gegenüber. So kostete eine Tonne Dünger zur Winteraussaat bis zu 1.000 Euro, also dreimal so viel wie vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Dem gegenüber sind die Erlöse für Getreide und Raps auf dem sogar rückläufig. „Wir holen in diesem Sommer eine teure Ernte von den Feldern“, beschreibt der Bauernpräsident die Situation. Hinzu kommen schwierige Vermarktungsbedingungen.

Die Getreidebörsen sind aktuell sehr schwach. Der physische Handel über den Seehafen in Rostock ist fast zum Erliegen gekommen. „Einige Landwirte lagern die Gerste ein und hoffen auf ansteigende Preise. Wer keine Lagerkapazitäten hat, verkauft an den Landhandel“, beschreibt Bauernpräsident Kurreck die Situation der Landwirte. Hier sind die Preise unmittelbar vor der Ernte in den Keller gegangen. Erhielt ein Landwirt noch vor einem Jahr rund 26 Euro pro Dezitonne Gerste, sind es aktuell gerade einmal 17 Euro. „Die Märkte sind einfach voll.“ Ein Grund dafür sind die seit Beginn des Ukraine-Krieges veränderten internationalen Warenströme. Im Inland gibt es durch die rückläufigen Schweinebestände eine rückgängige Nachfrage. Ähnlich ist die Vermarktungssituation bei Weizen und Raps, die stark an internationalen Börsen gehandelt werden.

Diese Marktsituation könnte auch Auswirkungen auf die Anbauplanung für das kommende Jahr haben. Bereits 2023 ging in Mecklenburg-Vorpommern der Anbau von Winterweizen um 6,5 Prozent zurück. Es wurde auch weniger Sommerweizen, -gerste und Hafer angebaut. Im Gegenzug wuchs beispielsweise die Anbaufläche für Erbsen, aber auch für Raps. „Für die Feldgesundheit sind breitere Fruchtfolgen absolut ein Gewinn“, räumt der Bauernpräsident ein. Doch nicht jede Kultur lasse sich erfolgreich vermarkten, was den wirtschaftlichen Druck auf die Landwirtschaftsbetriebe erhöht. Hinzu kommt die politisch verordnete flächendeckende Extensivierung der Produktion und die von Brüssel vorgeschlagenen pauschalen Reduktionsziele beim Pflanzenschutz. Beides würde zu weiteren Ertragsrückgängen führen und die weltweite Ernährungssicherung in Frage stellen.

„Erst in der vergangenen Woche hat die Welthungerhilfe eine wachsende Zahl von hungernden Menschen weltweit beklagt und als Ursache dafür Klimakrise, Kriege und die Corona-Pandemie benannt“, sagt Detlef Kurreck. Vom Ziel der Weltgemeinschaft, bis 2030 keinen Menschen mehr hungern zu lassen, sei man weit entfernt. Es sei Aufgabe der Politik das Menschenrecht auf Ernährung genauso intensiv zu verfolgen, wie die Ziele im Natur- und Klimaschutz. „Die Landwirte in Deutschland können dafür einen großen Beitrag leisten. Dafür müssen aber die politischen Rahmenbedingungen stimmen.“

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