28.08.2023 | 11:57:00 | ID: 37224 | Ressort: Landwirtschaft | Pflanze

Özdemir zum Erntebericht 2023: Ernten werden zum Lotteriespiel

Berlin (agrar-PR) - Die Folgen der Klimakrise stellen die Landwirtschaft vor immer größere Herausforderungen. Vor allem sich teils stark ändernde Witterungen machen Ernten je nach Region zunehmend ungewiss.
Das zeigt das erste vorläufige Ergebnis des amtlichen Ernteberichts 2023, den der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, am Montag vorgestellt hat. Zahlreiche Wetterkapriolen haben die Bäuerinnen und Bauern regional sehr unterschiedlich beschäftigt. Auf einen insgesamt regenreichen Herbst 2022 folgte ein ungewöhnlich milder Winter, der Frühling 2023 startete zunächst regenreich und nahm ein trockenes Ende, es folgte ein sehr trockener und dann wiederrum sehr regnerischer Sommer.

Bundesminister Özdemir sagte dazu: „Mein großer Dank gilt unseren Landwirtinnen und Landwirten, die in den letzten Wochen Großes geleistet haben. Sie haben dafür gesorgt, dass die Speicher in Deutschland insgesamt gut gefüllt sind, obwohl sie je nach Region und Anbaukultur mit teils enormen wetterbedingten Herausforderungen zu kämpfen hatten. Alles in allem können wir zufrieden sein mit der Ernte.

Landwirtschaft war schon immer Draußenwirtschaft – und die Landwirtinnen und Landwirte können mit Wetterschwankungen umgehen. Das neue Normal sieht aber anders aus: Extremwetter als Folgen der Klimakrise machen unsere Ernten immer stärker zu einem Lotteriespiel. Einerseits langanhaltende Hitzephasen und Dürren und andererseits heftige Unwetter mit viel Regen binnen kürzester Zeit sowie Hagel und Stürme – damit müssen die Betriebe künftig zunehmend umgehen. Das führt dazu, dass die Ernten für die Höfe immer ungewisser werden. Das stellt Betriebe vor ein Problem und kann sich künftig auch auf die Märkte auswirken.

Die Klimakrise ist Realität – dass die deutschen Landwirte dies längst wissen, hat Bauernpräsident Rukwied bei seiner Ernteschätzung letzte Woche sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Nun müssen wir daraus gemeinsam die richtigen Lehren ziehen. Wer glaubt, man könnte später mit Klimaschutz und Klimafolgenanpassung anfangen, vertritt nicht die Interessen der deutschen Landwirtschaft. Wir müssen die Landwirtschaft gemeinsam klimafest machen, damit wir auch in 20, 30 oder 50 Jahren sichere Ernten einfahren. Immer mehr Höfe machen sich hier auf den Weg – und dabei unterstützen wir sie nach Kräften.

Wer jetzt immer noch Klima- und Artenschutz mit fadenscheinigen Argumenten zurückfahren will, der ist alles andere – nur sicherlich kein Freund der Landwirtschaft. Kurzfristige Erntemaximierungen gehen zulasten unserer natürlichen Ressourcen und gefährden damit langfristig die Versorgungssicherheit.“

Das Hauptaugenmerk legt die amtliche Ernteerhebung auf Getreide und Raps. Beim Getreide (ohne Körnermais) wurde 2023 insgesamt nur leicht unterdurchschnittlich viel geerntet: Die Ernte bleibt hier mit erwarteten 38 Millionen Tonnen um etwa vier Prozent unter dem Vorjahres- und um etwa 2,1 Prozent unter dem Fünfjahresmittelwert zurück. Einschließlich Körnermais beträgt die Erntemenge 42,2 Millionen Tonnen. Wo es starke Niederschläge zur Erntezeit gab, litt vor allem beim Weizen die Qualität. Darauf weisen die bisherigen Erhebungen hin.

Ausgeweitet wurde der Rapsanbau – mit einem Plus bei der Anbaufläche von 7,8 Prozent. Die vorläufige Ernteermittlung ergibt mit voraussichtlich fast 4,2 Millionen Tonnen ein zufriedenstellendes Ergebnis. Auch die bisherigen Untersuchungen der Qualität der Furcht fallen mit Blick auf die Ölgehalte erfreulich aus.

Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine beeinflusst weiter die deutschen und die globalen Ernährungssysteme: Die Unsicherheiten auf dem Weltmarkt konnten zwar durch internationale Anstrengungen beruhigt werden, so dass sich die Preise für Agrarprodukte wieder normalisiert haben. Allerdings blieben die Kosten für Betriebsmittel wie Diesel, Dünger und Pflanzenschutzmittel über dem Vorkriegsniveau. Das muss einkalkuliert werden, wenn man die aktuellen Erzeugerpreise bewertet. Diese lagen vielfach unter denen des Rekordjahres 2022, waren im längeren Trend aber – beispielsweise für Brot- oder Futterweizen – durchschnittlich. Die höheren Kosten entlang der Wertschöpfungskette wiederum verteuerten Lebensmittel für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Bundesminister Özdemir betonte: „Die Lebensmittelpreise bleiben ein Inflationstreiber. Ganz besonders dort, wo Produktionskosten hoch sind durch teure Energie oder Betriebsmittel. Wir unterstützen die Landwirtschaft deshalb dabei, sich unabhängiger von synthetischem Dünger oder Pflanzenschutzmitteln zur machen. Zentral dabei ist eine Agrarförderung, die das Schützen und Nutzen im Fokus hat. Auch weniger Tiere besser zu halten und Pflanzen nachhaltig zu schützen, muss sich für die Höfe auszahlen. Denn letztendlich ist es doch eine einfache Rechnung: In eine klimafeste Landwirtschaft zu investieren, macht uns unabhängiger von volatilen Weltmärkten und ist sinnvoller und günstiger als Schäden auszugleichen.“

Wichtigste Zahlen, Daten, Fakten aus dem Erntebericht 2023:

Im nun ersten vorläufigen Ernteergebnis aus der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung für 2023 sind noch nicht alle witterungsbedingten Einflüsse aus diesem Sommer berücksichtigt. Teilweise wurde ein nennenswerter Anteil der Probeschnitte bereits vor der langanhaltenden Regenperiode vorgenommen. Des Weiteren liegen – abgesehen von der Wintergerste – auch erst vergleichsweise wenig Druschergebnisse vor. Gegenüber den jetzt vorliegenden Angaben wird es daher beim zweiten vorläufigen und beim endgültigen Ergebnis stellenweise zu größeren Abweichungen kommen können, als dies in den vergangenen Jahren der Fall war.

Getreide: Die Getreideernte insgesamt (ohne Körnermais) wird sich voraussichtlich auf rund 38 Millionen Tonnen belaufen und fällt damit in diesem Jahr um 4,1 Prozent kleiner als im Vorjahr aus. Gegenüber dem sechsjährigen Durchschnitt ergibt sich eine Abnahme um 2,1 Prozent. Nur in den drei Bundesländern Nordrhein-Westfalen (+7,8 Prozent), Sachsen-Anhalt (+1,8 Prozent), und Sachsen (+1,1 Prozent) wurde der mehrjährige Vergleich übertroffen. Den stärksten Rückgang haben das Saarland (-9,9 Prozent), Brandenburg (-9,6 Prozent) und Hessen (-7,9 Prozent) zu verbuchen.

Winterweizen: Die wichtigste Getreidekultur ist in Deutschland nach wie vor Winterweizen, mit einem Anteil von 46 Prozent an der gesamten Getreidefläche. Die Anbaufläche verringerte sich gegenüber dem Vorjahr leicht um 2,7 Prozent auf 2,81 Millionen Hektar. Im Durchschnitt liegt der Hektarertrag bei 73,9 Dezitonnen und damit 3,4 Prozent unter dem Vorjahr. Die Erntemenge an Winterweizen erreicht voraussichtlich 20,8 Millionen Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr wäre das eine Abnahme um 6,0 Prozent. Das Ergebnis bleibt um 5,2 Prozent hinter dem mehrjährigen Durchschnitt zurück.

Raps: Die Winterrapsernte 2023 fällt, ausgehend von den aktuell vorliegenden Zahlen, mit voraussichtlich fast 4,2 Millionen Tonnen zufriedenstellend aus. Gegenüber dem sehr erfreulichen Vorjahr bedeutet dies einen Mengenrückgang um drei Prozent. Im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2022 sind es 13 Prozent mehr.

Eiweißpflanzen: Die Anbaufläche für Eiweißpflanzen blieb auf hohem Niveau stabil. Trotz des in den letzten Jahren ausgeweiteten Sojabohnenanbaus bleibt die Felderbse die dominierende Körnerleguminose in Deutschland. Die noch vorläufigen Anbauzahlen für das Jahr 2023 belaufen sich auf rund 117.200 Hektar. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einer Ausweitung von knapp 10 Prozent. Es folgen die Ackerbohnen mit rund 60.000 Hektar und noch hinter der Sojabohne an vierter Stelle die Süßlupinen mit rund 25.500 Hektar. Belastbare Schätzungen zu den aktuellen Ernteerträgen bei den Hülsenfrüchten sind noch nicht verfügbar. Man muss jedoch davon ausgehen, dass vor allem das nasse und kalte Frühjahr, die langen Trockenphasen im Frühsommer sowie der kalte, nasse Juli auch die Ertragsaussichten bei dieser Pflanzengruppe geschmälert haben.

Hinweise:
Den Erntebericht 2023 finden Sie zum Download auf der BMEL-Webseite:
https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/erntebericht-2023.html
Die Pressekonferenz wird aufgezeichnet und nach dem Ende auf der Seite des BMEL veröffentlicht:
https://www.bmel.de/DE/Home/home_node.html
Pressekontakt
Herr Mathia Paul
Telefon: 030 / 18529-3170
E-Mail: poststelle@bmel.bund.de
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Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
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Deutschland
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