11.12.2023 | 11:08:00 | ID: 38334 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarwirtschaft

Landwirtschaftliche Einkommen in Baden-Württemberg trotz Erholung nach wie vor zu niedrig

Stuttgart (agrar-PR) - „Die landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in Baden-Württemberg sind bei den Unternehmensergebnissen 2022/23 erneut Schlusslicht unter den Bundesländern.
Zwar legten die Bauerneinkommen im vergangenen Wirtschaftsjahr im Durchschnitt aller Betriebszweige zu. Im aktuellen Wirtschaftsjahr erwarten wir jedoch einen Rückgang wegen teils stark gefallener Erzeugerpreise bei weiterhin hohen Kosten. Die wirtschaftliche Situation in den Obst- und Weinbaubetrieben ist dramatisch. Auch der Ackerbau bereitet Sorgen.“ Das erklärt Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbandes (LBV), zu den Unternehmensergebnissen im Wirtschaftsjahr 2022/23 (1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023) bei der LBV-Jahrespressekonferenz am 11. Dezember 2023 in Stuttgart.

Im Durchschnitt aller Sparten betrug 2022/23 das Unternehmensergebnis je Familienarbeitskraft 50.902 (2021/22: 41.302) Euro. Je Betrieb belief sich das Unternehmensergebnis im Durchschnitt aller Sparten auf 77.013 (62.859) Euro.

Hohe Einbußen bei Obst und Wein, aber auch im Ackerbau bereiten Sorgen

Die Obst- und Weinbaubetriebe mussten im Wirtschaftsjahr 2022/23 im Durchschnitt gewaltige Einbußen im Unternehmensergebnis hinnehmen, die sie auch noch in Zukunft belasten werden. Ohnehin bewegen sich die Unternehmensergebnisse insbesondere im Acker- und Weinbau seit mehreren Jahren auf niedrigem Niveau.

Ackerbaubetriebe fallen deutlich zurück

Die Ackerbaubetriebe mussten im Wirtschaftsjahr 2022/23 ein Minus von 15,1 Prozent auf 59.136 (69.663) Euro je Betrieb hinnehmen. „Die Ursache liegt darin, dass bei Mais, Zuckerrüben und Kartoffeln die Naturalerträge deutlich niedriger waren. Zudem wirkten sich vor allem höhere Kosten für Dünger, Energie, Wasser, Treibstoffe und Personal negativ auf das Ergebnis aus“, erläutert Rukwied.

Die Gemischtbetriebe erwirtschafteten hingegen 2022/23 ein Plus von 14,7 Prozent auf 59.274 (51.695) Euro je Betrieb. Bei ihnen konnten bessere Erträge vor allem in der Nutztierhaltung die höheren Kosten ausgleichen.

Obst und Wein brechen drastisch ein

Die Obstbaubetriebe mussten 2022/23 zum zweiten Mal hintereinander massive Einbußen hinnehmen. Ihr Unternehmensergebnis sank im Durchschnitt um 42,7 Prozent auf 39.621 (69.100) Euro je Betrieb. Bereits im Jahr zuvor war es in ähnlicher Größenordnung zurückgegangen. „Das vergangene Wirtschaftsjahr war geprägt durch niedrigere Erzeugerpreise und höhere Kosten für Personal und Betriebsmittel.

Das schlug sich deutlich auf das Unternehmensergebnis nieder“, erklärt der Bauernpräsident. Eine deutliche Erholung ist dieses Jahr nicht zu erwarten. Rukwied verweist auf rückläufige Anbauflächen wegen höherer Lohnkosten, besonders im Beerenanbau. Dabei betrage die Selbstversorgung bei Obst lediglich etwa ein Viertel des Verbrauchs.

Die Weinbaubetriebe verzeichneten ebenfalls drastische Einbußen. Ihr Unternehmensergebnis nahm 2022/23 um 32,0 Prozent auf 37.923 (55.725) Euro je Betrieb ab. „Im Weinbau schlugen sich die drastisch rückläufigen Traubengeld-Auszahlungen und höheren Kosten für Betriebsmittel und Löhne im Vergleich zum Vorjahr negativ im Ergebnis nieder“, analysiert Rukwied „Die Weinwirtschaft braucht dringend innovative Vermarktungskonzepte, um dem Weinbau im Land eine Perspektive zu bieten,“ betont Rukwied, der selbst Weinbau sowie Acker- und Gemüsebau auf seinem Betrieb in Eberstadt bei Heilbronn betreibt.

Milch und Veredlung atmen durch

Die Milchviehbetriebe konnten 2022/23 nach den schwierigen Marktverhältnissen in den Vorjahren wieder durchatmen. Dasselbe gilt für die Veredlungsbetriebe. „Die guten Ergebnisse bei Milch und in der Veredlung sind dringend notwendig, damit die Betriebe wieder Eigenkapital bilden und wichtige Zukunftsinvestitionen finanzieren können“, erläutert Rukwied. „Das derzeit niedrigere Preisniveau bei Milch schmälert jedoch die Aussichten im laufenden Wirtschaftsjahr“, unterstreicht der Bauernpräsident.

Die Milchviehbetriebe legten im Wirtschaftsjahr 2022/23 beim Ergebnis durchschnittlich um 56,4 Prozent auf 113.910 (72.839) Euro je Betrieb zu. Die Futterbaubetriebe mit Rindermast und Mutterkühen erreichten im Durchschnitt ein Plus von 40,9 Prozent auf 46.027 (32.666) Euro je Betrieb.

Die Veredlungsbetriebe verdoppelten im Durchschnitt der Sparte ihr Unternehmensergebnis im Wirtschaftsjahr 2022/23 auf 117.856 (59.040) Euro je Betrieb. „Die höheren Erträge in der Ferkelerzeugung und Schweinemast sind die wesentlichen Ursachen für dieses erfreuliche und dringend notwendige Ergebnis im vergangenen Wirtschaftsjahr 2022/23. Vor dem Hintergrund des enormen Rückgangs der Schweinehaltung im Land und der fehlenden Wirtschaftlichkeit in den vergangenen Jahren sind höhere Erträge in diesem Sektor dringender denn je“, fasst Rukwied zusammen.

Tierhaltung benötigt Planungssicherheit und tragfähige Finanzierung

„Investitionen für den Umbau der Tierhaltung sind bei der unsicheren Marktlage kaum umsetzbar. Wir brauchen für den Bau von Tierwohl-Ställen Planungssicherheit sowie ein tragfähiges Finanzierungskonzept und verlässliche Lieferbeziehungen“, betont Rukwied.

Steigende Kosten und schwierige Märkte verschlechtern Aussichten

Der Krieg in der Ukraine und der Nahostkonflikt steigern die Volatilität an den Märkten und wirken sich auf die Land- und Agrarwirtschaft negativ aus. „Die Agrarmärkte stehen unter Spannung. Die Erzeugerpreise zeigen im bisherigen Verlauf des aktuellen Wirtschaftsjahres überwiegend abnehmende Tendenz. Das Kostenniveau ist nach wie vor hoch. Diese Entwicklungen führen zur Verunsicherung“, sagt der LBV-Präsident.

Rukwied fordert klare und verlässliche politische Rahmenbedingungen

„Wir brauchen eine Bundesregierung, die Lösungen aufzeigt, Planungssicherheit signalisiert, entsprechende Finanzmittel freistellt, die Ernährungssicherung in den Vordergrund stellt, auf Innovationen setzt und neue Techniken unterstützt“, erklärt Rukwied. „Die aktuelle Haushaltskrise darf nicht zu weiteren Sparmaßnahmen im Agrarsektor führen. Die Politik muss jetzt alles dafür tun, den Strukturwandel abzubremsen und Investitionen in die Zukunft der Landwirtschaft zu fördern. Die deutsche Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU muss korrigiert und praktikabel gestaltet werden“, fordert Rukwied.

Daten zu den Unternehmensergebnissen 2022/23 (1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023)

Datenbasis: Die Ermittlung der Einkommenssituation basiert auf den Buchführungsergebnissen von 913 landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieben, welche die baden-württembergische Landwirtschaft im Haupterwerb repräsentieren.

Unternehmensergebnis: Das Unternehmensergebnis muss neben der Entlohnung für die Familien-Arbeitskräfte sowie die unternehmerische Tätigkeit auch die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals abdecken. Zusätzlich gehen davon die Sozialabgaben, persönliche Steuern, Tilgung für Fremdkapital und finanzielle Verpflichtungen gegenüber der Vorgängergeneration ab. Ein Teil des Unternehmensergebnisses ist für die Finanzierung von Ersatz- und Neuinvestitionen aufzuwenden.

Arbeitskräfte (AK): Der Arbeitskräfteeinsatz je ausgewertetem Betrieb liegt bei zwei Arbeitskräften je Unternehmen beziehungsweise 2,7 AK je 100 Hektar. Die Zahl der Familienarbeitskräfte (FAK) beträgt unverändert 1,5 FAK je Betrieb. Der durchschnittliche AK-Besatz, bezogen auf die Fläche, liegt in Baden-Württemberg um rund 35 Prozent über dem Bundesdurchschnitt (2,0 AK je 100 Hektar).

Fläche: Die landwirtschaftlich genutzte Fläche der ausgewerteten Betriebe beträgt rund 77 Hektar pro Betrieb. Der Anteil der Pachtflächen beträgt im Durchschnitt dieser Betriebe 73 Prozent (knapp 56 Hektar). Die Pachtquote in Baden-Württemberg liegt bei 60 Prozent.

Landwirtschaftliche Betriebe: In Baden-Württemberg gibt es nach der amtlichen Statistik noch rund 38.000 landwirtschaftliche Betriebe. Die durchschnittliche Betriebsgröße beträgt knapp 37 Hektar (Deutschland rund 64 Hektar). Die überwiegende Mehrheit (88 Prozent) der landwirtschaftlichen Betriebe wird als Familienbetrieb, als sogenanntes Einzelunternehmen, geführt

In Baden-Württemberg wirtschaften rund ein Drittel der landwirtschaftlichen Betriebe im Haupterwerb und knapp zwei Drittel im Nebenerwerb. Gemeinschaftliche Betriebsformen gewinnen mit zwölf Prozent Anteil zunehmend an Bedeutung. In der großen Mehrheit (rund 90 Prozent) werden diese als Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) geführt.

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