13.09.2023 | 11:42:00 | ID: 37353 | Ressort: Landwirtschaft | Pflanze

WLV-Erntebilanz 2023: Niederschläge zeigen erhebliche Auswirkungen auf Getreideernte

Münster (agrar-PR) - Die diesjährige Erntebilanz der Bauernfamilien in Westfalen-Lippe fällt durchwachsen aus:  Insbesondere im Juli und August standen die Betriebe – aufgrund starker Niederschläge und teils heftiger Unwetter – überall vor enormen Herausforderungen, um das Getreide von den Feldern einzufahren.
Insgesamt verschob sich die Getreideernte in der Folge um bis zu vier Wochen, auch, weil Flächen über einen längeren Zeitraum unbefahrbar waren. Mit der Ernte zeigten sich entsprechende Folgen in Qualitäts- und Ertragsverlusten. Dieses Fazit zog Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV e.V.), im Rahmen der Ernte-Pressekonferenz auf dem Betrieb von Ulrich und Angelika Brinckmann in Iserlohn.

„Nach einem nassen Frühjahr, gefolgt von Trockenheit im Mai und Juni, fiel die Ernte im Juli wortwörtlich ins Wasser und geriet regional zu einer echten Zitterpartie. Aufgrund erheblicher Niederschläge verzögerte sich die Ernte zunächst um bis zu vier Wochen und wurde dann immer wieder durch weitere Regenfälle unterbrochen. Insgesamt sind die Erträge und Qualitäten stark schwankend und hängen entscheidend vom Standort ab“, so WLV-Präsident Hubertus Beringmeier.

Das Getreide lag oft über längere Zeit auf dem Ackerboden, was in der Folge zu Lagergetreide, flächigen Auswüchsen der Körner an den Ähren, erhöhtem Pilzbefall sowie aufgeplatzten Schoten bei Raps und Ackerbohnen führte. „Die Starkregenereignisse haben sich insbesondere auf schweren Böden, wie sie etwa in der Region Ruhr-Lippe und Ostwestfalen verbreitet sind, erheblich ausgewirkt. Teilweise ist das Getreide auf den Boden gedrückt worden und konnte kaum noch bis gar nicht mehr geerntet werden. Auf den leichten Standorten mit sandigen Böden (insbesondere im Münsterland) konnten die Niederschläge zwar gut abfließen, die Bestände zeigten jedoch schon im Frühsommer erste Anzeichen von Trockenheitssymptomen.“

Zwei Extreme bestimmten den Ernteverlauf wesentlich: Einerseits war der Monat Juli im Durchschnitt (18,3 °C) wieder zu warm, andererseits hat es deutlich mehr Niederschlag gegeben als im langjährigen Mittel (Referenzzeitraum 1961-1990 82 l/m²; 1991-2020 83 lm²; 2023 117 l/m²). Weil ein entsprechender Trockengehalt Voraussetzung für die Getreideernte und -lagerung, mussten landwirtschaftliche Betriebe mitunter aufwendige Trocknungs- und Reinigungsprozesse (je nach Feuchte und Qualität der Körner) durchführen, die mit zusätzlichen Kosten verbunden waren.

Bei Weizen, Roggen und Triticale (eine Kreuzung aus Roggen und Weizen), die in Westfalen-Lippe überwiegend zur Futtermittelgewinnung angebaut werden, sowie Raps, ergeben sich Ertragseinbußen von bis zu 20 Prozent, die regional vereinzelt auch höher ausfallen können. Mit Blick auf die Ernteergebnisse zeigt sich aufgrund regionaler Unterschiede eine große Spannbreite sowohl bei Erntemengen als auch Qualitäten. Während die Erträge insgesamt durchschnittlich sind, verzeichnen Landwirtinnen und Landwirte überregional schlechte Qualitäten.

Teilweise machte die anhaltende Feuchtigkeit in einigen Getreidebeständen die Ernte mit dem Mähdrescher völlig unmöglich. Oftmals konnte das Getreide dann nur noch über örtliche Biogasanlagen verwertet werden. Roggen als Brotgetreide eignete sich lediglich dort für die Brotproduktion, wo er bereits vor den Niederschlägen geerntet worden war. Der später geerntete Roggen musste zu Futtermittel umgenutzt werden. Für die im Juni (also vor den Niederschlägen) geerntete Gerste wurden mit Blick auf Erträge und Qualitäten hingegen noch überdurchschnittliche Ergebnisse (knapp 79 dt/ha), mit einem Mehr von 8,5 Prozent im langjährigen Mittel, erzielt.

Wald, Grünland, Mais und Zuckerrüben haben derweil von den großen Niederschlagsmengen profitiert und konnten Wasserspeicher füllen und das Pflanzenwachstum befördern. Bei Mais und Zuckerrüben wird bis Anfang Oktober eine gute bis durchschnittliche Ernte erwartet. Aufgrund der hohen Feuchtigkeit im Boden und der warmen Temperaturen bereiten pilzliche Infektionen insbesondere bei der Kartoffel vielerorts Probleme.

„Die diesjährige Ernte war in vielerlei Hinsicht ein Kraftakt. Umso mehr gilt mein ausdrücklicher Dank allen Bauernfamilien in Westfalen-Lippe, die unermüdet und tatkräftig allen Widrigkeiten zum Trotz die Getreideernte abgeschlossen haben. In diesem Zusammenhang möchte ich unterstreichen: Wir stellen die Ernte mit unserer Arbeit auf den Feldern zu jeder Zeit sicher“, macht WLV-Präsident Hubertus Beringmeier deutlich. „Landwirtinnen und Landwirte sind seit jeher wetterabhängig in der Bewirtschaftung ihrer Felder. Bereits seit Jahren ist der Klimawandel in der Landwirtschaft deutlich spürbar. Wir haben uns angepasst und Strategien entwickelt, um den veränderten Bedingungen während der Bestellung der Felder, der Pflege des Getreides und der folgenden Ernte zu begegnen“, hebt Beringmeier hervor.

Landwirtinnen und Landwirte halten insgesamt einen großen Werkzeugkoffer bereit, der an den Standort, das Klima und die betrieblichen Faktoren angepasste Lösungen bietet. Beispielhaft sind etwa die Wahl standortangepasster Sorten, die Nutzung vielfältiger Fruchtfolgen, Maßnahmen im integrierten Pflanzenschutz (Mulch- und Direktsaatverfahren), bodenschonende Bearbeitung (etwa zur Förderung der Humusbildung) sowie entsprechendes Wassermanagement (auch steuerbare Drainagen) und die Nutzung modernster Technik (bedarfsgerechte Düngung, etwa durch Strip-Till-Verfahren) zu nennen. "Unabhängig von den politischen Entwicklungen haben wir Chancen, positiv in die Zukunft zu blicken, indem wir auf unseren Höfen individuell an den Betrieb angepasste Perspektiven schaffen", sagt Ulrich Brinckmann, Landwirt aus Iserlohn und Gastgeber der diesjährigen Ernte-Pressekonferenz.

Nach Einschätzung des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes bewegen sich die Erzeugerpreise derzeit weitgehend auf einem guten Niveau, jedoch mindern insbesondere gestiegene Betriebskosten für Düngemittel, Diesel, Pflanzenschutzmittel und Energie die Umsatzzahlen auf den Höfen; Gewinne sind zur Schaffung von Rücklagen nicht ausreichend. Mit Blick auf die Zukunft der Landwirtschaft zog Hubertus Beringmeier als Fazit: „Ein gut ausgebildeter Nachwuchs steht in den Startlöchern und das Gros der Betriebsleiter sucht nach Perspektiven zur Weiterentwicklung der Höfe. Daher müssen jetzt von politischer Seite die Weichen gestellt werden, um mit tragfähigen Konzepten und gut durchdachten Finanzierungsprogrammen die Landwirtschaft fortzuentwickeln.“

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