11.12.2023 | 16:08:00 | ID: 38342 | Ressort: Landwirtschaft | Forstwirtschaft

Waldzustandsbericht 2023: Keine Entwarnung und doch Hoffnung.

Erfurt (agrar-PR) - „Der diesjährige Waldzustandsbericht zeigt erneut, dass es unserem Wald nicht gut geht. Durch die seit 2018 wieder-kehrende Trockenheit und das massives Auftreten des Borkenkäfers sind viele Waldbäume geschwächt.
Der Klimawandel vollzieht sich rasant und überfordert unsere Wälder. Nur noch 18 % unserer Waldbäume können als gesund bezeichnet werden“, berichtet Thüringens Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft, Susanna Karawanskij, bei der heutigen (11.12.) Pressekonferenz im Forstamt Erfurt-Willrode. „Doch es gibt auch gute Nachrichten. Allein ThüringenForst hat in den letzten drei Jahren sechs Millionen Bäume gepflanzt.“

Basierend auf einem flächenrepräsentativen Stichprobennetz, wurden auch in diesem Jahr bei der bundesweiten Waldzustandserhebung rund 8.520 Waldbäume in allen 24 Thüringer Forstämtern begutachtet. Anhand der Kronenverlichtung, sprich des eingeschätzten Verlustes an Nadel- bzw. Blattmasse, wird die Vitalität der Bäume abgeleitet.

Seit 2018 sind rund 27 % der Stichprobenbäume durch Trockenheit oder forstliche Schaderreger abgestorben, mit allein 7% in 2023 gab es die bislang höchste jährliche Rate. Während Waldflächen mit leichten Vitalitätsverlusten im Vergleich zu 2022 um drei Prozent auf 29% gesunken sind, stiegen jene mit deutlichen Vitalitätsverlusten um drei auf nun 53% an. Dabei haben alle Baumarten Vitalitätsprobleme. „Die Folgen des Klimawandels setzten die Waldbäume unter Trockenstress. Durch wiederkehrende und lang anhaltente Trockenperioden steht den Pflanzen immer weniger Bodenwasser zur Verfügung. So ist zum Beispiel die Bodenfeuchte in der Vegetationszeit im Thüringer Becken in den letzten 13 Jahren um 20% gesunken“, sagt Volker Gebhardt, Vorstand von ThüringenForst.

Trockengestresste Fichten fallen der Massenvermehrung des Borkenkäfers besonders leicht zum Opfer, der mit Abstand der größte Schadfaktor ist. Seit 2018 sind über 19 Millionen Festmeter Borkenkäfer-Schadholz angefallen. Davon allein im Kalenderjahr 2023 bis Ende September insgesamt 5 Millionen Festmeter. In den unteren Waldlagen ist bereits ein weitgehender Ausfall der Fichte festzustellen. Trotz enormen Sanierungsaufwands verlagert sich die Kalamität in die fichtendominierten Mittelgebirge. Aktuell besonders stark betroffen sind vor allem die Forstreviere im Südosten des Landes im Schiefergebirge und im Vogtland.

Mittlerweile sind etwa 110.000 Hektar Schadfläche entstanden, die sich jedoch vielfach bereits durch geeignete Naturverjüngung langsam wiederbewalden. Auf der Hälfte der Schadfläche wird mit standortsgerechter Naturverjüngung gerechnet. Die andere Hälfte muss mit aktiven Maßnahmen wie Pflanzungen und einer waldbaulich gesteuerten Naturverjüngung wiederbewaldet werden. Ziel sind klimastabile Wälder mit einer geeigneten Baumartenvielfalt.

Die Landesregierung habe 2019 mit dem „Aktionsplan Wald 2030ff“ gegengesteuert und diesen mit 500 Mio. Euro untersetzt, teilte die Ministerin mit. Allein für den artenreichen Waldumbau stellt der Freistaat bis 2036 insgesamt 176 Mio. Euro bereit. Die Landesforst-anstalt erhält ab diesem Jahr 3 Mio. Euro mehr Zuführungen für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben, die insbesondere für eine Einstellungs- und Ausbildungsoffensive genutzt werden. In den letzten beiden Jahren konnten so mehr als 40 neue Mitarbeitende von ThüringenForst eingestellt werden, die für die akuten Waldarbeiten unverzichtbar sind“, so die Ministerin. Zudem werden mit diesen Mitteln wichtige Aufgabenbereiche des Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrums Gotha (FFK) gestärkt, wie z.B. Untersuchungen zur Klimaanpassung der Wälder, Versuchsflächen, Umweltmonitoring und Waldökologie.

Wichtige Partner bei der Waldrettung sind die 180.000 Waldbe-sitzenden in Thüringen. 2023 stehen knapp 26 Mio. Euro im Rahmen der forstlichen Landesförderprogramme im Jahr für private und kommunale Waldbesitzende bereit. „Wir haben Förderkonditionen verbessert und bürokratische Hürden abgebaut. So können Waldbesitzende die Schadbeseitigung und Wiederbewaldung einfacher und schneller angehen. Ein besonderer Fokus der Förderung liegt auf in Thüringen übliche kleinen Forstbetrieben mit bis zu 20 Hektar Größe“, so Ministerin Karawanskij.

„Wir unterstützen den Kauf geeigneter Pflanzen für Waldumbau mit 85 % und bei Kleinbetrieben mit 100 % Zuschuss.“ Weitergehend fließen mit dem Bundesförderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ bereits über 7 Mio. Euro pro Jahr an private und körperschaftliche Waldbesitzer in Thüringen. Abschließend kündigte die Ministerin an, dass Thüringen als Vorsitzland der Agrarminister-konferenz 2024 neben agrarpolitischen Themen den Waldumbau prominent auf die Agenda setzen will, um die bundesweite Koordinierung und Förderung zur Waldrettung zu optimieren.

Zustand bei den wichtigsten Baumarten

Fichte: Der Zustand der Fichte hat sich weiter verschlechtert. 45% der Fichtenflächen weisen starke Vitalitätsverluste auf, 8% mehr als 2022. 28 % sind gesund, vor allem jüngere Fichten. Über 18% der begutachteten Fichten sind durch Trockenheit oder Borkenkäferbefall abgestorben und entnommen. Der Anteil der Fichten an den Waldbäumen nimmt weiter ab.

Kiefer: Der Zustand der Kiefer hat sich leicht verbessert. Die Kiefernflächen mit deutlichen Vitalitätsverlusten sind um 5% auf 57% gesunken. 15 % gelten als gesund, also drei Prozent mehr als im Vorjahr.

Buche: Der Zustand der Buche hat kaum verändert. Der Anteil gesunder Buchenflächen liegt bei 11%, rund 61 % (+3 %) haben starke Vitalitätsverluste. Die Absterberate bei Buchen ist mittlerweile sehr gering und hat sich im Vergleich zu 2020 wesentlich verbessert.

Eiche: Der Zustand der Eiche hat sich kaum verbessert. Der Durchschnitt gesunder Eichenflächen liegt bei 9% (+ 1%), dafür steigt der Flächenanteil mit starken Vitalitätsverlusten um 2 auf 66 %.

Hintergrund:

Die Waldzustandserhebung wurde in diesem Jahr in Thüringen zum 33. Mal durchgeführt. Seit 1991 wird jährlich an insgesamt rund 350 Aufnahmepunkten stichprobenartig der Kronenzustand unserer Waldbäume begutachtet. Die Ergebnisse werden im Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha zusammengestellt und ausgewertet.

Nähere Informationen zum Zustand des Waldes in Thüringen finden Sie auf der Internetseite des TMILs: https://infrastruktur-landwirtschaft.thueringen.de/fileadmin/Forst_und_Jagd_Fischerei/
Forstwirtschaft/2023_Waldzustandsbericht.pdf
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E-Mail: antje.hellmann@tmil.thueringen.de
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